David Hunter ist endlich zurück! Das Warten auf seinem siebten Fall in Simon Becketts neuem Thriller „Knochenkälte“ hat sich absolut gelohnt. Ich fand das Buch spannend und gut konzipiert. Für mich passte einfach alles: der Fall, die Umgebung, die Charaktere. Mich hat das Buch gefesselt und begeistert.
Aber von vorn.
Dr. David Hunter ist auf dem Weg, um die Polizei in Carlisle bei einem Fall zu unterstützen. Um einen Stau auf der Autobahn zu umfahren, verlässt er die geplante Route und findet sich plötzlich irgendwo im Nirgendwo wieder. Besser gesagt, er landet in Edendale, einem abgelegenen Dorf in den Cumbrian Mountains. „Es gibt nur einen Weg rein und raus, und auf dem sind Sie gerade gekommen.“, erfährt Hunter im örtlichen Pub. Und nach einem nächtlichen Unwetter ist auch diese Straße nicht mehr passierbar und der forensische Anthropologe sitzt fest. Zum Glück findet er Unterkunft in einem ehemaligen Hotel, aber er merkt schnell, dass in dem Ort einiges nicht stimmt. Mit der Unfreundlichkeit der Einheimischen kann er sich arrangieren, aber dann findet er auf der Suche nach einem Mobilfunknetz ein in eine Baumwurzel eingewachsenes Skelett. Jeder im Dorf scheint etwas zu verheimlichen und David Hunter scheint in die Fehde zwischen zwei verfeindete Familien zu geraten.
Ach, wie hab ich David Hunter vermisst. Seit „Die Chemie des Todes“ bin ich ein großer Fan des forensischen Anthropologen und auch in seinem siebten Fall wurde ich nicht enttäuscht. Zwar kam die Geschichte erst etwas langsam in Fahrt, aber als die Atmosphäre immer düsterer wurde, die Charaktere immer undurchsichtiger und die Geschichte immer verworrener, da hat mich das Buch gepackt und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Neu-deutsch heißt diese Art Thriller wohl „locked-in“, da merke ich dann wieder mal, dass ich langsam älter werde. Für mich war es halt einfach ein Thriller mit klaustrophobischer Grundstimmung, bedrückender Atmosphäre und reichlich unsympathischen Charakteren.
Simon Beckett tastet sich langsam an seine Geschichte heran und steigert sich dann rasch. Anfangs sind die Menschen nur feindselig und das Wetter ist verregnet. Nach und nach werden die Menschen latent aggressiv und es beginnt zu schneien, was in offenen Bedrohungen, Gewalt und einem Sturm gipfelt. Die Verschlossenheit und Ablehnung der Dorfbewohner gegenüber David Hunter geht weit über das Misstrauen gegenüber Fremden hinaus. Die Düsternis in allen Bereichen hat mir sehr gut gefallen. Charaktere und Landschaft sind bildhaft beschrieben und ich habe mir nicht nur alles gut vorstellen können, sondern auch mitgefühlt und mitgefiebert. David Hunters Entwicklung seit dem ersten Band der Reihe ist deutlich zu sehen, sein Charakter ist natürlich der am ausführlichsten beschriebene. Aber auch die anderen haben jeder sehr spezielle Eigenschaften und Merkmale, wobei das deutlichste Merkmal ist, dass jeder mindestens ein Geheimnis mit sich herumträgt. Die Abgeschiedenheit des Dorfes bemerkt man natürlich auch daran, dass alle irgendwie miteinander zu verwandt zu sein scheinen.
Für mich hat sich das Warten auf „den neuen David Hunter“ absolut gelohnt. Man kann ihn sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen, aber natürlich sind die anderen Teile der Serie lesenswert. Die wenigen Dinge, die man aus den Vorgängern wissen muss, werden im Verlauf von „Knochenkälte“ erklärt und ein paar aus den anderen Büchern übrig gebliebene Fragen werden beantwortet (Stichwort: Brief in der Jackentasche). Von mir gibt es eine klare Lese-Empfehlung und fünf Sterne.