Dienstag, 8. Oktober 2019

Totengräbers Tagebuch - Volker Langenbein und Klaus N. Frick

„Totengräbers Tagebuch“ – ein schlichter Titel für einen im ersten Augenschein auch eher schlichten Roman, gedeckelt von einem schlichten Titelbild. Sprachlich sehr schlicht gehalten, viel Umgangssprache und derbes Vokabular – keine Literatur, sondern der Bericht von einem aus dem Volk. Und dennoch ein ziemlich eindrücklicher Entwicklungs- oder Coming-of-Age-Roman.

Und der Leser entwickelt sich zusammen mit der Hauptfigur Rusty, der vom Kleinkriminellen erst zum Gärtnergehilfe auf dem Friedhof und dann nach einem Jahr zum Totengräber wird und letztendlich seinen „eigenen Friedhof bekommt“. Und nicht nur beruflich entwickelt er sich weiter. Anfangs ist er noch ein ziemlicher Chaot. Mich als Leser überraschte seine komplett fehlende Allgemeinbildung. Er kannte weder die Begriffe Gebeine, Aufbahrung, Totenstarre oder Leichenflecken, musste lernen, wie Wachsleichen entstehen und wie Verwesung funktioniert. Nun gut, so kann der Leser eventuell mit Rusty noch was dazu lernen.

Und nicht nur das. Er lernt Menschen kennen und verstehen, lebende und tote, und damit lernt er etwas für sein Leben. Er lernt, was Mitleid, Pietät und Mitgefühl sind und erkennt, dass seine ehemaligen Freunde nicht mehr in sein neues Leben passen. Er entwickelt sich und wandelt sich völlig – nicht zu seinem Nachteil, und auch nicht zu dem seines Umfelds, vor allem positiv für seine Kollegen und seine Frau.

Anfangs tat ich mich mit dem Buch sehr schwer. Der derbe Schreibstil, die zum Teil sehr flapsige Sprache – alles sehr ungewohnt für mich. Und auch das Thema Totengräber, Friedhof und Bestattung war mir zwar nicht ganz fremd, aber auch nicht vollkommen geläufig. Vor allem die vielen Aufgaben, die die Totengräber übernehmen (müssen). Vieles davon wird andernorts vom Bestatter übernommen (das Abholen der Verstorbenen, das Herrichten für die Bestattung und so weiter). Da gibt das Buch einen tiefen Einblick. Nicht nur in das ganz Offensichtliche, sondern auch in das, was der Beruf mit den Menschen macht, die ihn ausüben.

Da sich das Buch aber gegen Ende sehr zäh liest, von mir alles in allem 4 Sterne.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.