Mittwoch, 7. Oktober 2020

Seelen unter dem Eis - Astrid Korten

„Mein größter Traum ist … dass ich nie zufrieden sein werde“ – diese Aussage kennzeichnet das Leben von Tom Döbbe, dem 40jährigen Hauptcharakter in Astrid Kortens neuem Werk „Seelen unter dem Eis“. Und jetzt sitzt er im Todestrakt, wartet auf seine Hinrichtung in einer Woche, sinniert auf Anraten eines Gefängniswärters über sein Leben nach. Er bringt seine Gedanken für die Nachwelt zu Papier, „denn Geheimnisse gedeihen nicht in der kalten schwarzen Erde.“. Tom war früher der Chef einer großen und erfolgreichen Werbeagentur und Dozent für kreatives Schreiben. Jetzt ist er nur noch eines: ein Mörder. Denn seine Geliebte Amal ist tot, nach seiner Hinrichtung wird seine Frau Helen sein nicht unbeträchtliches Vermögen erben – und er hat alles verloren, sogar sein Leben. Wie es dazu kam, zeichnet er in der Todeszelle auf.

„Seelen unter dem Eis“ ist das dritte Buch von Astrid Korten, das ich gelesen habe und unterscheidet sich von ihren anderen völlig (die anderen beiden Bücher waren reine Krimis). Zwar ist überall in diesem Buch eine unterschwellige Grundspannung vorhanden, vor allem ist es aber ein unglaublich tiefes Psychogramm, die Geschichte über den Absturz eines erfolgreichen und zielstrebigen Menschen, von einem, der gerne manipuliert und die Fäden in der Hand hat. Und dann gerät er mit seiner Studentin Amal an jemanden, der ein noch besserer Puppenspieler und Manipulator ist, als er selbst. Astrid Korten schafft eine gekonnte Mischung aus dem tatsächlichen Lebenslauf ihres Hauptcharakters, seinen Gedanken und den Geschehnissen, die dann zum Tod seiner Geliebten führten. Ein Buch voller Emotion und Manipulation, das mich nachhaltig bewegt hat.

Ein Abschnitt gegen Ende verwirrte mich allerdings. „Ich betrat Wilsons Zimmer und ging zu seinem Schreibtisch. Auf der rechten Seite lag der Holzkompass, mit dem er Zirkel auf die Tafel zeichnete.“ – wie man mit einem Kompass überhaupt etwas zeichnen kann, noch dazu Zirkel, weiß ich nicht. Später schreibt die Autorin mal was über Zirkel, mal über Kompass. Da ist meiner Meinung nach wohl etwas schiefgelaufen. Aber das ist die einzige Stelle, über die ich in dem ganzen Buch gestolpert bin.

In diesem Zusammenhang darf natürlich auch der allgemeine Aspekt der Todesstrafe nicht fehlen, so schreibt die Autorin über Hinrichtungen, speziell die durch die Todesspritze, den Sinn der Todesstrafe und selbstverständlich den ethischen Aspekt. Bis auf den oben genannten für mich völlig konfusen Abschnitt ist das Buch hervorragend geschrieben und wäre, wenn das Thema an sich nicht so schwere Kost wäre, sehr leicht und flüssig zu lesen. So aber musste ich es manchmal aus der Hand legen und tief durchatmen. Ein starkes und gutes Buch über ein schwieriges und großes Thema, von mir eine absolute Lese-Empfehlung und 5 Sterne.

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