Schon seit meiner Jugend bin ich ein Fan von Ken Follett. Auch
„Das zweite Gedächtnis“ habe ich schon vor 25 Jahren kurz nach der
Veröffentlichung gelesen. Obwohl ich kein übermäßig großer Freund von
politischen Thrillern bin, hat das Buch mich begeistert. Es ist ein packender
Thriller rund um den Start des ersten amerikanischen Satelliten am 1. Februar
1958.
Aber von vorn.
Ein Mann kommt frühmorgens auf einer Bahnhofstoilette zu
sich und stellt entsetzt fest, dass er keinerlei Erinnerungen mehr hat. Von
einem Obdachlosen erfährt er, dass er wohl Luke heißt, aber ansonsten weiß er
weder wer er ist, wo er sich befindet oder welches Jahr man schreibt. Nach
einiger Zeit merkt er, dass er über Wissen bezüglich Physik und Mathematik
verfügt – aber er hat keine Ahnung, woher dieses Wissen kommt. Minutiös versucht
er, das Rätsel seiner Identität zu lösen und taucht tief in einen Spionage-Sumpf
rund um den Start der Explorer, die an diesem Tag den ersten Amerikanischen
Satelliten ins Weltall bringen sollte. Er nicht weiß, wem er überhaupt
vertrauen kann, hat keine Ahnung, wer Freund und wer Feind ist, merkt aber
schnell, dass er verfolgt wird und ihm irgendjemand nach dem Leben trachtet.
Aber warum? Als er für sich Licht ins Dunkel bringen kann, läuft der Countdown,
sowohl für die Trägerrakete als auch für sein eigenes Leben. Die Uhr tickt und
die Zeit läuft ab.
Ken Follett erzählt „Das zweite Gedächtnis“ in mehreren
Zeitebenen und aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Leserschaft weiß dadurch
sehr schnell sehr viel mehr als der Protagonist, da die unterschiedlichen
Ebenen viel über ihn preisgeben, was er selbst sich noch zusammenreimen muss. So
hat man aber auch sehr schnell eine Idee, wohin die ganze Geschichte führen
wird, was meiner Spannung aber keinen Abbruch tat. Die Gegenwart erstreckt sich
über einen überschaubaren Zeitraum von knapp drei Tagen. Dazu gibt es
Rückblicke in die Vergangenheit, eingeschoben werden Passagen aus 1941, 1943,
1945, 1954 und den Schluss des Buchs bildet ein Epilog aus dem Jahr 1969. Die
Kapitel in der Gegenwart sind mit den jeweiligen Uhrzeiten überschrieben, was
der Geschichte zusätzliche Spannung verleiht, denn die Handlung ist zeitlich
sehr eng getaktet. Informativ fand ich, dass am Anfang der einzelnen Kapitel
kurze Hintergrundinformationen zur Raketentechnik stehen.
Das Buch hatte am Anfang ein paar kleine Längen, aber nach
ein paar Dutzend Seiten hatte mich die Geschichte gepackt. Der kalte Krieg, der
„Sputnik-Schock“, der Wettlauf um die Vorherrschaft im Weltall und die Rolle
der Geheimdienste (auch beim Einsatz experimenteller medizinischer Verfahren
und Drogen bezüglich des Gedächtnisses), das „über-Leichen-Gehen“, die
Verwirrung darüber, wer Freund und wer Feind ist – das alles machte für mich
das Buch dann zum Page-Turner, heute genauso wie vor 25 Jahren. Spannend war es
für mich auch, das Buch vor dem Hintergrund der Fortschritte in der
Raketentechnologie zu lesen, ein Buch über Zeiten, in denen bemannte Raumfahrt
noch Zukunftsmusik war und von der ISS und „Vergnügungsflügen“ ins All allerhöchstens
geträumt werden konnte. Für mich ein Anlass, darüber nachzudenken, was sich in
der Zwischenzeit alles getan hat (positiv und negativ).
Die Charaktere sind überwiegend hervorragend ausgearbeitet,
vor allem von den Protagonisten bekommt man ein sehr gutes Bild. Sprachlich ist
es „ein echter Follett“, ein bisschen lang, ein bisschen ausschweifend, aber
mit viel Sachkenntnis geschrieben, sehr spannend und sehr gut zu lesen. Da
Liebesgeschichten bei ihm nicht fehlen dürfen, weist natürlich auch „Das zweite
Gedächtnis“ eine solche auf (eigentlich sogar mehrere), aber der Autor schafft
es, sie so einzubauen, dass sie nicht allzu klischeehaft ist und sich gut in
die eigentliche Handlung einschmiegt. Leider habe ich ein paar Rechtschreib-
und Grammatikfehler gefunden, was ich immer sehr ärgerlich finde.
Aber abgesehen davon war die Lektüre für mich eine Freude
und eine willkommene Reise in die Vergangenheit – historisch und persönlich
gesehen. Von mir gibt es fünf Sterne.
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