Mittwoch, 30. Oktober 2019

Raus aus der Tablettenfalle - Prof. Dr. Ingo Froböse


Mal vorneweg. Das Buch ist gut geschrieben, sauber und gründlich recherchiert. Die Sprache ist nah am Leser, verständlich und einfach. Prof. Dr. Ingo Froböse erläutert anhand von Statistiken und Studien, wieso Medikamente oft nicht nötig sind. Er zeigt Wege auf, wie man Krankheiten vermeiden kann oder bestehende Leiden bessern kann. Einfache sportliche Übungen fehlen in dem Buch genauso wenig wie Ernährungsempfehlungen und Trainingspläne. Dankenswerterweise fehlt auch der Hinweis nicht, dass Männer, Frauen und Kinder substanziell verschieden sind und daher eigentlich anders behandelt werden müssten.
Der Autor behandelt die Themen Schmerz (Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Arthrose) genauso wie Bluthochdruck, Diabetes und erhöhtes Cholesterin. Bei alldem kann eine Veränderung in der Lebensweise hilfreich sein.
Es ist auch schön zu lesen, dass der Autor auch im Alter von 60 Jahren keinerlei Medikamente nimmt. Nehmen muss. Aber bei mir als Leser hinterlässt dieser erhobene Zeigefinger ein etwas unbehagliches Gefühl. Natürlich führt er ein gesundes Leben. Und ist daher gesund. Obwohl er betont, es ginge ihm nicht um Schuld, fühlte ich mir unterschwellig schuldig. Wegen einer chronischen Erkrankung bei der täglicher Sport, Normalgewicht und ausgewogene Ernährung nicht helfen, die mich täglich auf Tabletten angewiesen sein lässt. Daher stieß mir die Polemik, mit der der Autor Bewegung als Heilmittel für viele Krankheiten (auch in der Vorbeugung) anpreist, an mancher Stelle unangenehm auf. Diese Vehemenz zeigt aber auch deutlich, dass er kein Arzt ist, sondern Sportwissenschaftler.
Er vernachlässigt meiner Meinung nach sträflich diejenigen, die auf Medikamente angewiesen sind. Denn tatsächlich sind Antidepressiva keine lustigen Stimmungsaufheller für diejenigen, die nur zu faul sind, Sport zu machen und deshalb schlecht drauf sind. Vielleicht bin ich bei diesem Abschnitt sehr sensibel, aber Sport als Allheilmittel zu propagieren finde ich verwerflich denen gegenüber, die beispielsweise aufgrund eines chemischen Ungleichgewichts unter schweren Depressionen leiden. Da hilft auch der beste und ausdauerndste Sport nicht.
Nichts destotrotz ist das Buch ein lesenswerter Überblick über die Möglichkeiten, auf Medikamente verzichten zu können. Aber es ist keineswegs eine Anleitung und auch ganz sicher nicht der alleinseeligmachende Weg. Der Leser muss seinen eigenen Weg finden, kritisch mit sich, seinen Leiden und den Medikamenten in seinem Leben umgehen. Wirkungen, Nebenwirkungen und Leidensdruck abwägen. Und diesen Punkt vernachlässigt der Autor meiner Meinung nach sehr stark.

Daher von mir wegen des großen Informationsgehalts (auch über das Prozedere bei der Zulassung von Medikamenten, einigen Vorgängen im Körper und den guten Anregungen für ein gesundes Leben) 3,5 Punkte, aufgerundet auf wohlmeindende 4.

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