Donnerstag, 2. Januar 2020

Die Kampagne - David Baldacci

Ja, ich gebe zu, dass Perzeptionsmanagement bisher noch kein Teil meines Wortschatzes war. Kurz: ich kannte den Begriff bislang überhaupt noch nicht. Perzeptionsmanagement ist kurz gesagt die Auslösung von Gefühlen durch die Streuung falscher Tatsachen, die Steuerung der Wahrnehmung durch Manipulation. Dabei geht es aber nicht darum, einfach trollhaft Fakten zu verdrehen und Fake News zu streuen, sondern ganz neue (falsche) zu erschaffen. 

So fängt das Buch „Die Kampagne“ von David Baldacci mit einem Paukenschlag an: ein im Internet kursierenden Video eines vermeintlich von seinen Landsleuten getöteten Russen löst eine Kette von Aktionen und Reaktionen aus. Als klar wird, dass das alles gar nie passiert ist, ist es zu spät - die Maschinerie und die Aktion „Rote Gefahr“ sind in Gang gekommen. Und hinter allem steht ein großer Strippenzieher. Denn: was bringt es ihm, einen der weltgrößten Rüstungskonzerne zu besitzen, wenn die Nationen keine Kriege mehr führen? Also braucht es einen Krieg und zwar einen richtigen („Ich bin nicht an Kriegen interessiert, die nach hundert Tagen aufhören oder sich in Bandenkämpfe verwandeln. Damit können wir nicht mal unsere Portokasse füllen, Caesar.“). Nicht umsonst hat Nicolas Creel seine Firma nach dem griechischen Kriegsgott Ares benannt. Und wenn die Nationen nicht von sich aus irgendwelche Kriege beginnen, dann muss er nachhelfen: mit gezielt platzierten Falschinformationen will er die Büchse der Pandora öffnen. 

Aber mit dem vornamenlosen Agenten A. Shaw und seinem Chef Frank bekommt der Strippenzieher Creel einen gefährlichen Gegenspieler in seinem eigenen Spiel. Und das ausgerechnet jetzt, wo Shaw eigentlich in den Ruhestand gehen will und seiner geliebten Anna endlich einen Heiratsantrag gemacht hat. Und dann ist da auch noch die inzwischen dem Alkohol verfallene Journalistin und zweifache Pulitzerpreisträgerin Katie James. Sie ist momentan nur noch gut genug, um Nachrufe zu schreiben, aber tief in ihr schlummert immer noch die investigative Reporterin. 

Baldacci strickt aus vielen verschiedenen Personen (samt deren Vergangenheiten), falschen Tatsachen, Habgier und Kaltblütigkeit einen rasanten, wenn auch manchmal ein bisschen langatmigen Thriller. Handwerklich ein sehr gutes und spannendes Buch, leider hat die Übersetzung ein paar Schwächen. („Biskuit“ ist beispielsweise nicht die korrekte Übersetzung für „biscuit“, das ist immer noch der Keks oder das Plätzchen), manche Sätze sind zwar nicht falsch, aber holprig übersetzt, was ich äußerst bedauerlich finde. Was ich allerdings sehr pikant finde (ob nun vom Autor beabsichtigt oder nicht), ist der Name Creel. Auf Deutsch heißt das „Korb“ oder „Gatter“, ist aber auch sehr nah an „creed“ (= Glaube), aber auch an „greed“, der Habgier. 

Der Spannungsbogen hingegen ist konstant und ab und zu wird dem Leser eine Atempause in Form von Hintergrundinformation oder dem Besuch eines Nebenschauplatzes gegönnt. Aber die Geschichte an sich ist, gruselig und blutig wie sie auch ist, insgesamt zu glatt. Die Personen sind alle zu intelligent, zu vorausschauend, schlicht zu genial. Jeder sieht die Handlungen der Gegenseite eigentlich immer voraus und aus mancher Situation wird sich MacGuyvermäßig heraus laviert. So bewegt sich das Buch ständig auf einem schmalen Grat zwischen reißerischer superlativgeprägter Irrealität und beängstigend möglicher Realität. Denn eines ist Fakt: die Einflüsse von falschen Berichten in Medien und so weiter sind gruselig real. 

Spannend, aber ein bisschen langatmig. Für Freunde der Bücher von Baldacci ein Muss, für Freunde spannender Thriller eine gute Empfehlung. Von mir 4 Sterne.

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