Dienstag, 28. Januar 2020

Totenstille - Will Dean

Und ewig piept das Hörgerät…

20 Jahre ist es her, dass in der Schwedischen Einöde mehrere Morde verübt wurden. Sie wurden dem „Medusa-Killer“ angelastet. Ist er zurück? Denn innerhalb kurzer Zeit passieren neue Morde. Wie jeder, der journalistisch tätig ist, hofft die Reporterin Tuva Moodyson, einen Scoop (also eine exklusive Top-Geschichte) landen zu können. Schließlich ist sie keine Feld-Wald-und Wiesenjournalistin, sondern nur wegen ihrer todkranken Mutter wieder aus London zurück nach Schweden gezogen.

Und so recherchiert sie für das wöchentlich erscheinende Lokalblatt und macht sich nach und nach fast jeden zum Feind, denn die Gegend ist wirtschaftlich stark vom Tourismus abhängig. Dazu trifft sie auf einiges, von dem sie wohl nie zu träumen gewagt hätte: verschrobene Einsiedler, komische Kauze und – mein persönlicher Ekel-Favorit: zwei kunsthandwerkende Schwestern, die in ihren Holztrollen nicht nur heimische Hölzer, sondern auch echte Haare, heimische Zähne (vom örtlichen Zahnarzt geliefert) und heimische Finger- und Zehennägel verarbeiten. Die Beschreibung des Autors der Eigenheiten und Eigenarten der Einheimischen nimmt sehr viel Platz im Buch ein – vielleicht, weil der Autor selbst keiner ist, er ist gebürtiger Engländer. Aber mit der Zeit beginnt die Geschichte eintönig zu werden: Tuva recherchiert – ihre Hörgeräte werden nass. Tuva recherchiert – die Batterien ihrer Hörgeräte sind leer und die Hörgeräte piepsen. Immer wieder. Ja, vermutlich realistische Szenen aus dem Leben einer Person mit Hörgeräten, aber das so zum roten Faden eines Krimis zu machen, fand ich dann doch etwas nervig.

An sich war das Buch nicht schlecht. Aber auch nicht wirklich gut. Irgendwie eine Achterbahnfahrt aus Spannung, Langeweile, Ekel, Grusel, Langatmigkeit und dazwischen immer wieder Tuvas eigene Probleme. Der Verlust ihres Vaters vor vielen Jahren hat ihre Familie praktisch zerstört, die Presse spielte dabei eine unehrenhafte Rolle, jetzt ist ihre Mutter todkrank und sie schwankt zwischen der Pflicht, sie zu besuchen und der Willkommenheit von Ausreden, eben dies nicht tun zu müssen. Dazu hat Tuva panische Angst vor dem Wald, die sie während ihrer Recherche fortlaufend bekämpfen überwinden muss.

Insgesamt war mir in dem ganzen Buch kein einziger Charakter sympathisch, die meisten fand ich sogar eher unsympathisch. Vor allem Tuva konnte bei mir ganz selten punkten. Sie kommt eher oberflächlich rüber, oft bildet sie ihre Urteile sehr vorschnell („„Afrika gehört mein Herz“, sagt er mit so viel Arschlochprahlerei, wie er aufbringen kann“ – überhaupt ist „Arsch“ ein Wort, dass sie sehr häufig gebraucht).

Wieso die zurückliegenden Morde „Medusa-Morde“ hießen, weiß ich nicht wirklich. Medusa ist die Gestalt der griechischen Mythologie, die durch ihre Schlangenhaare bekannt ist, nicht durch fehlende Augen oder ähnliches (dass sie „glühende Augen“ hatte, hat mit den Morden auch nicht wirklich was zu tun, denn den Opfern wurden die Augen entfernt). Und nicht nur da fehlt mir in dem Roman die Logik. Der deutsche Titel „Totenstille“ ist sehr gut gewählt, besser als der Originaltitel „Dark Pines“ (dunkle Kiefern). Die Stille im Wald, durchbrochen von typischen Geräuschen wie Knacken oder Rascheln, aber auch Schüssen und Tier-Geräuschen, ist nicht nur für Tuva bedrückend, sondern gibt dem ganzen Buch einen sehr düsteren Anstrich.

Gegen Ende wird der Krimi dann noch spannend und konnte mich auf den letzten gut 40 Seiten dann auch noch fesseln, überzeugen oder gar begeistern konnte er mich dennoch nicht. Und auch der Schluss und die Auflösung fand ich eher flach und psychologisch sehr an den Haaren herbeigezogen. Die Idee war gut, der Schauplatz ganz hervorragend gewählt, sprachlich war das Buch gut zu lesen, es ist gut übersetzt, aber in einem Großteil der Geschichte fehlte die Spannung. In Erinnerung werden mir von diesem Buch nur wenige Dinge bleiben: Hörgeräte können ihren Trägern wirklich große Probleme machen können und die Einheimischen in der Schwedischen Einöde sind seltsam. Das Buch ist auf jeden Fall keine Werbung für Urlaub in der Schwedischen Provinz! Weil ich aber ein Freund der Einöde bin, Wälder und auch seltsame Einheimische gerne mag, von mir gut gemeinte 3 Sterne.

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