Freitag, 20. März 2020

Der junge Doktorand - Jan Peter Bremer

"Der junge Doktorand" ist ein Buch, das mich gelinde gesagt, ziemlich verloren zurück ließ. Zwar fand ich es sprachlich nicht schlecht, nein, es war flüssig und teilweise sogar nett zu lesen und da es keine Kapitelunterteilung hat, kann man es in einem Rutsch durchlesen. Aber im Großen und Ganzen weiß ich nicht, was mir der Autor Jan Peter Bremer mit dem Werk inhaltlich sagen will.

Es ist eine Geschichte voller Missverständnisse, Gehässigkeiten, erkalteter Liebe, falschem Schein, Lügen und aktuellen Themen wie der Flüchtlingskrise. Mittendrin Florian, gemeinhin „der Doktorand“ genannt und das Ehepaar Günter und Natascha Greilach. Irgendwie hat der Autor bei Kafka gewildert (die Geschichte ist kurz und besteht zu großen Teilen aus Dialogen und inneren Monologen), manchmal war die Atmosphäre aber auch so bissig und biestig, dass ich mich wie bei Edgar Allan Poe fühlte und darauf wartete, dass jemand wie im Verräterischen Herz zerlegt unter den Dielenbrettern verschwindet.

Das in die Jahre gekommene Ehepaar hat lange auf den Doktoranden gewartet, seinen Besuch herbeigesehnt und er hatte ihn mehrfach abgesagt und verschoben. Aber jetzt, wo er da ist, wissen sie nicht so richtig, was sie mit ihm anfangen sollen. Sie überfahren ihn mit geballten Informationen zu Dingen und Menschen über die er vermutlich gar nichts wissen will, erhoffen sie sich doch, dass er die ins Stocken geratene Karriere von Günter mit seiner Doktorarbeit wieder ankurbeln kann.

Mehr kann ich über die Geschichte gar nicht sagen, ohne zu spoilern. Allerdings kommt mir der arme Doktorand zum Teil so fehl am Platz und so verloren vor, dass ich fast damit gerechnet hätte, dass er irgendwann sagt, er sei nur der Mann vom Elektrizitätswerk und wolle eigentlich den Stromzähler ablesen.

Sympathisch ist mir das Ehepaar Greilach nicht. Sie sind undurchschaubar, verlogen und verkrampft. Ihr Verhalten einander gegenüber ist in der Hauptsache schroff und kalt, von Liebe und Zuneigung ist in dieser Ehe nichts mehr zu spüren. Die Außenwirkung und wie sie im Dorf wahrgenommen werden ist beiden wichtig, dafür wird auch gerne mal gelogen. Florian, der Doktorand ist mir da schon sympathischer. Er ist zurückhaltend und scheint gutmütig und großherzig zu sein. Er ist als Freiwilliger im Flüchtlingscafé tätig und gibt Deutschunterricht. Und er lässt sich geduldig von den Greilachs in Beschlag nehmen und hört ihnen bereitwillig zu.

Das Buch ist kurz und bündig. Stilistisch am ehesten eine Novelle, es hat weder einen wirklichen Anfang aber einen offenen Schluss. So siedle ich es irgendwo zwischen Kafka und Sartre an, denn auch in diesem Buch sind die Hölle eindeutig die anderen. Oder auch der eine dem anderen der Wolf („homo homini lupus est“). Irgendwie war das Buch für mich von Anfang an wie ein Unfall. Eigentlich wollte ich es beiseitelegen und vergessen, aber es reizte mich dann doch zu sehr zu erfahren, wie es denn ausgeht. Von mir daher wegen des geringen (aber vorhandenen) Unterhaltungswerts und der Spannungskurve 2 Punkte.

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