Donnerstag, 23. April 2020

Vom gleichen Blut - Alexander Hartung

Greta, die 14-jährige Tochter des Bauunternehmers Clemens Grohnert wird entführt, der Chauffeur, der sie zum Ballett-Unterricht fahren sollte, wird erschossen. Rache am Bauunternehmer wegen eines Bauskandals? Ein terroristischer Akt? Oder steckt etwas ganz anderes dahinter?

So weit, so spannend. Findet auch der eigenwillige Ermittler Nik Pohl, selbst ehemaliger Kriminalbeamter und jetzt Privatdetektiv, und nimmt sich des Falls an. Spannend bleibt das Buch auch bis zum Schluss. Einige Verdächtige, weitere Opfer, viele Spuren (einige davon in die Irre) – alles Zutaten für einen gelungenen und lesenswerten Krimi. Und das ist das Buch alles in allem auch. Flüssig geschrieben, einfache Sprache, simple Sätze. Dadurch, dass das Ermittler-Trio nur aus Männern besteht, bleiben auch flapsig-chauvinistische Sprüche nicht aus. Dennoch fand ich die Geschichte an sich betrachtet spannend und packend, für mich die perfekte Lektüre für zwischendurch.

Dem kritischeren Leser bietet das Buch allerdings einen sehr großen Kritikpunkt. Die Protagonisten sind einfach zu genial und ihre Ausstattung eher unrealistisch. Das Informanten-Netzwerk, das Nik noch aus seiner Zeit bei der Kripo hat, ist riesig und er findet immer jemanden, der ihm einen Tipp geben kann. Außerdem haben alle immer in kürzester Zeit alles Notwendige zur Hand (inklusive Waffen und größerer Summen Geld für das „Schmieren“ von Informanten) – da gingen mit dem Autor ein bisschen die Pferde durch und die Geschichte verlässt den Boden des Realistischen.

Konzeptionell ist das Buch ein solider und handwerklich guter Krimi. Allerdings wird der fesselnde Auftakt (eine Schwangere wird im Krankenhaus verfolgt und nach der Entbindung verschwindet sie, um sich und ihr Baby zu retten) erst so spät im Buch aufgelöst, dass vermutlich die meisten Leser ihn bis dahin vergessen haben. Dadurch verkommt der Prolog zu dem, was er wohl sein soll: ein Teaser, was bei mir ja auch funktioniert hat. Der Schluss konnte mich dann allerdings kaum begeistern.

Die Charaktere selbst fand ich eher seltsam oder aus psychologischer Sicht interessant als sympathisch. Über Nik und seine Vergangenheit erfährt man einiges, über Hacker Jon und Pathologe Balthasar so gut wie gar nichts. Keine Ahnung, ob im Vorgängerband „Auf zerbrochenem Glas“ mehr über sie steht, das Buch kenne ich nicht. Aber sonst ist „Vom selben Blut“ auch ohne Vorkenntnisse hervorragend zu lesen. Jeder Charakter hat seine Eigenheiten, Niks unkonventionelle Art fand ich erfrischend, und die drei ergänzen sich sehr gut. Und im Trio sind sie auf jeden Fall schlauer als die Polizei (erlaubt).

Die Geschichte ist flott geschrieben, stellenweise sehr spannend und packend, stellenweise plätschert sie ein bisschen dahin. Als Lektüre für nebenher empfehlenswert, wenn man keine allzu großen Ansprüche an eine realistisch mögliche Handlung hat. 3 Sterne.

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