Freitag, 21. August 2020

Das Dorf der toten Seelen - Camilla Sten

Silvertjärn ist eine Geisterstadt in der nordschwedischen Provinz Norrland. Ein Lost Place, seit vor 60 Jahren alle Bewohner bis auf ein Baby und eine gesteinigte, an einen Marterpfahl gebundene Frau, spurlos verschwunden sind. Alice Lindstedt, Absolventin der Stockholmer Filmhochschule macht sich mit Freunden und ehemaligen Kommilitonen auf den Weg dorthin, um einen Dokumentarfilm zu drehen. Und um etwas über ihre Großmutter zu erfahren, die aus dem Dorf stammt, es aber zu der Zeit, als es verlassen wurde, schon in Stockholm gelebt hat. So fahren Alice, Tone, Emmy, Max und Robert gemeinsam mit zwei Autos in die abgelegene Provinz, versorgt mit Proviant, Filmausrüstung und Walkie-Talkies, denn eines ist klar: so weit ab vom Schuss werden sie keinen Handy-Empfang haben. Was zu Anfang aussieht wie eine eher harmlose Expedition in die Vergangenheit, kippt sehr schnell. Alle fünf haben das Gefühl, in dem verlassenen Dorf nicht allein zu sein. Und auch die Stimmung zwischen den eigentlich befreundeten Personen wird nach und nach schlechter. Misstrauen und alte Feindschaften brechen aus und die Geschichte des Dorfes spielt mit der Zeit nur noch eine untergeordnete Rolle, vor allem, als die erste aus der Gruppe tot ist.

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen aus unterschiedlichen Zeiten erzählt: Heute und vor 60 Jahren. So erfährt man als Leser teils aus Briefen, teils aus tatsächlicher Handlung, nach und nach, was damals in dem Bergwerksstädtchen passiert ist. Das Buch hat dann ein sehr hohes Tempo, man will unbedingt wissen, was denn eigentlich hinter allem steckt. Was haben der Pastor, die Familie des Bergmanns und vor allem „Schwachkopf-Gitta“ mit den Geschehnissen zu tun und was wurde aus ihnen? Diese Fragen an sich bieten Stoff für eine sehr spannende Geschichte und die Autorin schafft es phasenweise, enorm hohe Spannung aufzubauen. Aber an anderen Stellen ist die Geschichte einfach nur dröge und langweilig, womit die Autorin viel von der Spannung kaputtmacht.

Die Charaktere waren für mich zu flach beschrieben und nicht wirklich greifbar, trotz ihrer eigentlich führenden Rolle hat auch Alice für mich eher einen Nebenrollen-Charakter. Die Personen benehmen sich wie (zum Teil verzogene, zickige und kindische) Jugendliche, keiner weiß wirklich, was er tut, es wird viel gestritten und wirklich sympathisch ist mir kein einziger geworden.

Sprachlich ist das Buch einfach gehalten und flott und flüssig zu lesen. Die Geschichte an sich ist auch eine wirklich sehr gute Idee, das Konzept ist anfangs sehr gut – allerdings macht der Schluss vieles wieder kaputt, was die Autorin am Anfang aufgebaut hat. Er ist hanebüchen konstruiert und nicht wirklich befriedigend, da für mich viel zu viele Fragen unbeantwortet blieben und Hintergründe so gut wie nicht aufgeklärt werden. Es ist schade um die gute Idee, denn so ist das Buch eine wilde Mischung aus Gruselkrimi und Esoterikthriller, die nicht wirklich überzeugen kann. Ich hatte mir auf jeden Fall von dem Buch etwas anderes erwartet. Es ist der Debütroman von Camilla Sten, der Tochter der schwedischen Bestseller-Autorin Viveca Sten (ja, die von den Sandhamn-Krimis). Potenzial hat sie sicherlich, das zeigt der starke Prolog. Von mir 2 Sterne.

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