Mit „Helle und der falsche Prophet“ hat Autorin Judith Arendt einen soliden Krimi abgeliefert. Obwohl es schon der dritte Teil um Kommissarin Helle Jespers von der Polizeistelle Skagen ist, konnte ich der Handlung problemlos folgen, Vorkenntnisse braucht man praktisch keine, und wenn doch, bringt einen die Autorin auf den Stand der Dinge. Die Handlung ist vielschichtig, daher möchte ich darauf nur wenig eingehen. Da ist auf der einen Seite Helle. Sie und ihr Mann Bengt leiden etwas am „Empty nest syndrome“ – die Kinder sind aus dem Haus und der Hund ist alt und hinfällig. Auf der anderen Seite sind da Nick und Jemi, die auf der Flucht sind. Unterwegs nehmen die beiden die Tramperin Merle mit. Und dann überschlagen sich die Dinge: Merle wird tot aufgefunden. Und über allem schwebt Hiob, der Chef einer obskuren Sekte.
Erst einmal vorneweg: ich fand das Buch spannend. Abgesehen von ein paar Fehlern (die Jyllands-Posten schreibt sich mit Bindestrich) und sprachlichen „Unebenheiten“ fand ich es auch sehr flüssig zu lesen („Im Waschraum öffnete er den Kaltwasserhahn und ließ sich das eiskalte Wasser über die Pulsadern laufen, so lange, bis das Schwindelgefühl und die Übelkeit einigermaßen verschwunden waren.“ Er ließ sich das Wasser höchstens über die Unterarme laufen, die Pulsadern liegen tiefer unter der Haut.). Der Spannungsbogen war sehr konstant. Nicht übermäßig hoch, ein handfester, bodenständiger Krimi eben. Ein Bisschen wie eine Fahrt auf einer Dänischen Autobahn mit Tempolimit. Die Charaktere waren sehr gut ausgearbeitet, jeden stattet die Autorin mit einer Besonderheit aus. Allerdings konnte die Hauptfigur bei mir nicht wirklich punkten, ich fand Helle nicht sehr sympathisch und ihren Umgang mit anderen oft anstrengend und taktlos. Ihr Privates nimmt für meinen Geschmack auch ein bisschen viel Raum in dem Buch ein, zumal es nicht wirklich etwas zum Krimigeschehen beiträgt.
Schade fand ich auch, dass es sehr wenig Dänemarktypisches gab, höchstens die gängigen Klischees. Ja, jeder duzt jeden (dabei gibt es auch im Dänischen eine formelle Ansprache und nicht nur das „du“), die Handlung spielt an bekannten Dänischen Orten wie Skagen oder Kopenhagen – aber so grundsätzlich hätte das Buch fast überall auf der Welt spielen können. Die Geschichte an sich ist ganz sicher nicht neu und folgt dem bewährten Krimi-Rezept: Sekten von der Art der „Heiligen Flamme“ samt „Guru“ plus Liebesgeschichte, plus Leiche, plus Flucht, plus Ermittler mit eigenen Problemen gleich spannend. Der Schluss war stimmig und hat mich teilweise überrascht. Das Buch ist keine große Literatur aber gute Unterhaltung für Urlaub oder Feierabend mit nicht 100% ausgeschöpftem Potenzial und Luft nach oben. Von mir aber trotzdem 4 Sterne.
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