Mittwoch, 16. März 2022

Violas Versteck - Marc Raabe

Wow. Einfach nur wow. „Violas Versteck”, der vierte und letzte Teil von Marc Raabes Reihe um Tom Babylon hat mich einfach nur komplett überrollt. Noch jetzt, ein paar Stunden nach Lektüre der letzten Seite fühle ich mich, als hätte mich ein LKW überfahren. Das Buch ist auf den ersten Blick konzeptionell ein heilloses Durcheinander, inhaltlich aber einer der mit Abstand rasantesten und spannendsten Thriller, die ich in der jüngeren Vergangenheit gelesen habe. Ich habe mich sehr auf das Buch gefreut und wurde zu keiner Zeit enttäuscht.

Aber von vorn.

Auch im vierten Band der Serie sucht LKA-Ermittler Tom Babylon seine seit über 20 Jahren verschwundene Schwester Viola. Dieses Mal führt ihn die Suche nach England. Wieso, weiß er allerdings nicht mehr, denn er wurde nackt in einem Müllcontainer in einem Londoner Hinterhof gefunden und hat sein Gedächtnis verloren, an die Ereignisse der vergangenen vier Wochen kann er sich nicht erinnern. Das hindert ihn allerdings nicht daran, seine Nachforschungen wieder aufzunehmen. Dieses Mal steht ihm seine behandelnde Ärztin Jillian Harris zur Seite, denn auf Sita Johanns kann er nicht zählen. Diese gerät beim Versuch, ihn bei den Ermittlungen zu unterstützen, in eine psychiatrische Einrichtung und hat mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen. Denn dort ist auch ihr alter Widersacher, der ehemalige Berliner LKA-Chef Dr. Walter Bruckmann. Und obwohl dieser ohne Kontakt zur Außenwelt eingesperrt ist, passieren Morde, die eindeutig seine Handschrift tragen. Und wieder einmal sind alle, aber wirklich ausnahmslos alle Menschen rund um Tom Babylon in größter Gefahr.

Das Buch hat mich von der ersten Seite an gepackt und nicht mehr losgelassen. Allerdings muss ich dazu sagen, dass für mich das Konzept mit den vielen Zeitsprüngen nicht aufgegangen ist, ich habe die „vier Tage zuvor“ – „zehn Tage später“ usw. Hinweise einfach überlesen und bin mit dem Plot trotzdem zurechtgekommen, die Zeitangaben haben für mich nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Zwar geben die Sprünge der Geschichte noch einen Hauch mehr Pfiff und Rasanz, manchmal fand ich sie aber auch verwirrend, da ich mir nie wirklich merken konnte, was wie aufeinander folgte. Das tat aber der Spannung keinen Abbruch. Zudem ist die Geschichte inhaltlich so dicht und vollgepackt, dass ich mich wie in einem Strudel oder einem Sog fühlte, der mich immer schneller werdend in Richtung Ende zog.

Da die Geschichte aber so aufgebaut ist, dass das Publikum vollkommen das Gespür für Wahrheit und Realität verliert, wusste ich oft nicht, wem ich eigentlich trauen konnte. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und beschrieben, die „Bösen“ vielleicht manchmal ein bisschen zu plakativ gezeichnet, aber immer durchaus gekonnt und dreidimensional. Die Sprache ist alltagsnah, das Buch ist flüssig zu lesen, allerdings muss man sich darauf einlassen, dass es nicht linear geschrieben ist, sondern die Handlung eher im Zickzack verläuft. Dann ist aber die Spannung konstant hoch, der Schluss absolut stimmig und der Autor schafft es, sämtliche lose Enden aus allen vier Teilen zu verknüpfen und alles zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Davor ziehe ich bei (wie der Autor selbst sagt) insgesamt über 2000 geschriebenen Buchseiten wirklich den Hut.

Für mich war „Violas Versteck“ ein echter Pageturner und eine rasante Achterbahnfahrt (unter anderem auch durch Teile Londons, die ich gut kenne). Von mir daher fünf Sterne und eine echte Lese-Empfehlung, die natürlich auch für die ersten drei Teile der Serie gilt.

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