Dienstag, 1. März 2022

Warum Diversity uns alle angeht - Balian Buschbaum

Das Leben von Balian Buschbaum drehte sich lange Zeit nur um Sport, Geschwindigkeit und Frauen. Und um seine Transsexualität. Aus seiner Lebensgeschichte entstand sein Buch „Blaue Augen bleiben blau“, das jetzt unter dem Titel „Warum Diversity uns alle angeht“ neu aufgelegt wurde. Als Betroffener habe ich mich auf das Buch gefreut und muss sagen, dass ich auf ganzer Linie enttäuscht bin.

Aber von vorn.

Balian Buschbaum ist ein trans Mann. Schon früh war ihm klar, dass er mit seiner ihm bei der Geburt zugewiesenen weiblichen Identität nicht glücklich werden würde. Seine Karriere im Stabhochsprung, seine Vorliebe für hohe Geschwindigkeiten und später seine Beziehungen zu (wie er nie müde wird zu betonen) heterosexuellen Frauen schildert er sehr ausführlich. Ein Riss der Achillessehne stoppte seine Leistungssport -Karriere und sein Wunsch, den Körper dem Geschlechtsempfinden angleichen zu lassen, wuchs. 2007 outete er sich öffentlich als trans Mann und begann eine Hormontherapie, Operationen folgten.

Wäre Balian Buschbaum weniger selbstverliebt, hätte das Buch wirklich gut sein können. Aber das Einzige, was ich an ihm sympathisch fand, war die Liebe zu seiner Oma. Der Rest des Werks ist eine Selbstdarstellung eines arroganten, teilweise naiven, Menschen, der meiner Meinung nach zu oft nicht erkennt, wie privilegiert er ist. Therapie und Gutachten gemäß des Transsexuellengesetzes können sehr lange dauern, eine Menge Geld kosten – und oft werden Operationen und Therapien verweigert. Bei ihm liest sich das alles eher wie ein Spaziergang. Die Kosten, für die manche Betroffene Kredite aufnehmen müssen, wurden beispielsweise für ihn als Sportsoldaten durch die Bundeswehr übernommen. Ob und inwiefern er Kämpfe ausfechten musste, Diskriminierung oder gar Ablehnung und Hass erlebt hat, darauf geht er nicht ein. („Dass ich mich wie ein Junge benahm und auch so aussah, hat die anderen Kinder nicht gestört. Nie wurde ich gehänselt oder ungerecht behandelt.“) Es wäre ihm zu wünschen, dass er es nie erleben musste, ebenso die tiefe Verzweiflung vieler trans Menschen. Sein Weg entspricht nicht der Realität, die die meisten Betroffenen erleben und das sollte sein Publikum auch wissen.

Insgesamt zeichnet Balian Buschbaum seinen Weg zu seinem Ich als Mann sehr oberflächlich und viel zu einfach. Und sich selbst stellt er gerne als tollen Typen dar, sein Umgang mit Frauen ist mir unsympathisch. Schon in der Grundschule war er wohl schon so jungenhaft, dass sich die Mädchen reihenweise in ihn verliebten und auch später scheint ihm nie eine heterosexuelle Frau einen Korb gegeben zu haben. Selbstzweifel sucht man in seinem Buch vergeblich, Regeln gelten auch nur für andere, was auch seine Haltung zu Verkehrsregeln (er fährt sehr gerne sehr schnell) deutlich zeigt. Ob er seine innere Zerrissenheit durch den Sport kompensiert hat, vermag ich nicht zu sagen, denn er schreibt nur, dass er sich damit immer wieder selbst herausforderte, um Frauen zu beeindrucken.

So gerne er seinen Körper zeigt, so gerne gibt er sich als Philosophen, kommt aber über Küchentischphilosophie nicht hinaus und das gipfelt oft nicht in weisen Worten, sondern in Geschwafel. Und auch sonst ist das Buch stilistisch nicht wirklich ausgereift, da wäre noch viel Luft nach oben.

Für mich war das Buch schlicht der literarische Versuch eines selbstverliebten Selbstdarstellers, sich mit einem machohaften Frauenbild als der große Männer- und Frauenversteher zu zeigen. Um dieser zu sein, fehlen ihm aber sowohl tieferes Verständnis als auch die nötige Empathie. Trotz seiner Transsexualität zeigt er sich ziemlich abschätzend und überheblich gegenüber anderen, was mir das Buch zu einer quälenden und unbefriedigenden Lektüre gemacht haben. Es tut mir in der Seele weh, aber ich kann das Buch weder Betroffenen noch am Thema Interessierten empfehlen, da das, was der Autor beschreibt zwar seiner, aber nicht der allgemeinen Lebenswirklichkeit entspricht. Von mir daher 1 Stern.

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