Montag, 4. April 2022

Grabesstern - Anne Mette Hancock

Nach „Leichenblume“ und „Narbenherz“ ist „Grabesstern“ von Anne Mette Hancock der dritte Teil der Serie um die Investigativjournalistin Heloise Kaldan und Kriminalkommissar Erik Schäfer. Das Buch ist vielschichtig und spannend, hat einige unerwartete Wendungen und ist alles in allem ein solider Krimi. Obwohl es der dritte Teil ist, kann man das Buch natürlich auch ohne Vorkenntnisse lesen, alles Notwendige wird aufgegriffen, sodass es keine Verständnisprobleme gibt. Das einzige Manko ist, dass sich für mich wieder einmal bestätigt hat, dass ich Bücher besser im Original lesen sollte, denn die deutsche Übersetzung machte mir aufgrund handwerklicher Schwächen wesentlich weniger Freude als die dänische Fassung. Aber alles in allem fand ich das Buch besser und spannender als den Vorgänger.

Aber von vorn.

Heloise Kaldan, ihres Zeichens Investigativjournalistin, plant eine Artikelserie über Sterbebegleitung. Um es am eigenen Leib zu erleben, trifft sie den todkranken Jan Fischerhof und möchte ihn in seinen letzten Tagen und Wochen begleiten. Er ist unheilbar an Krebs erkrankt, zudem ist er dement. In einem klaren Moment offenbart er ihr ein grausames Geheimnis und weckt damit ihren kriminalistischen Spürsinn. Stecken hinter den wirren Aussagen des Sterbenden wahre Hinweise auf ein jahrealtes ungelöstes Verbrechen und zwei ebenso ungeklärte Vermisstenfälle? Um sich ein genaueres Bild zu verschaffen, reist Heloise von Kopenhagen ins eher beschauliche jütländische Sønderborg. Kommissar Erik Schäfer steht Heloise wie in den beiden anderen Teilen der Reihe mit Rat und Tat zur Seite und als die beiden sich dem Cold Case widmen, ist plötzlich nicht nur Heloise in höchster Gefahr.

Das Thema Sterbebegleitung fand ich für einen Krimi ungewöhnlich, aber in Zusammenhang mit Demenz wirklich gut verarbeitet. Denn eigentlich haben sterbende Menschen ja nichts mehr zu verlieren und können sich durch die Wahrheit erleichtern. Andererseits ist Jan Fischerhof dement, wieviel Wahrheitsgehalt steckt also in seiner Wahrheit? Diese Frage stellte sich für mich fast bis zum Schluss, den Anne Mette Hancock wirklich meisterhaft in eine (nicht nur für mich) völlig unerwartete Richtung drehte. Aber natürlich ist auch die eigentliche Krimi-Handlung ein zentrales Element, auch wenn sie erst verhältnismäßig spät beginnt. Der Anfang des Buchs ist ein bisschen wie das „Warten aufs Christkind“, denn, wer die Autorin kennt, weiß, dass irgendwann die Spannung einsetzen wird, die Frage ist nur, wann.

Die Charaktere sind, wie ich es von der Autorin gewohnt bin, gut ausgearbeitet und facettenreich beschrieben. Sowohl von Heloise Kaldan als auch von Erik Schäfer erfährt man ein bisschen aus dem Privatleben. Manchmal fand ich Heloises Art etwas anstrengend, sie ist sehr zielstrebig oder, weniger höflich ausgedrückt: nervig und übergriffig. Sprachlich fand ich das Buch eigentlich gut, die deutsche Übersetzung hat einige Schwächen, was mir die Lektüre ab und an vermiest hat. Das fand ich sehr schade, da hätte das Buch Besseres verdient. Auch weiß ich nicht, wie der Titel zustande kam, denn „Pitbull“ (so heißt das Buch im Original) passt wesentlich besser. Als Thriller würde ich „Grabesstern“ auch nicht wirklich bezeichnen, für mich war es eher ein bodenständiger Krimi. Die Geschichte ist natürlich trotzdem gut und spannend, wenn man die Fehler ausblendet, ist sie auch sehr gut zu lesen. Daher vergebe ich für die Geschichte fünf Sterne, wegen der Übersetzung ziehe ich einen ab, also gibt’s von mir insgesamt vier und ich freue mich jetzt schon auf einen vierten Band, denn vor allem in Bezug auf Heloise und ihre Vergangenheit sind noch sehr viele Fragen offen. Diesen Teil empfehle ich für alle Fans der Serie, von Dänemark oder von nordic noir Krimis.

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