Mittwoch, 18. Mai 2022

Die andere Schwester - Peter Mohlin/Peter Nyström

 Nach „Der andere Sohn“ hat das Autorenduo Peter Mohlin/Peter Nyström mit „Die andere Schwester“ den zweiten Teil der Serie um den Polizisten John Adderley vorgelegt. Da der erste Teil ein bisschen schwach auf der Brust war, wollte ich der Reihe eine zweite Chance geben, aber wirklich warm wurde ich mit dem Krimi auch nicht. Die Idee hinter der Geschichte fand ich gut, das Buch fängt auch wirklich stark an – und lässt dann noch stärker nach. Die Umsetzung ist eher mäßig und dem Protagonisten kann ich absolut nichts abgewinnen. Daher kommt auch dieses Buch leider für mich über das Prädikat „durchschnittlich“ nicht hinaus. 

John Adderley, ehemaliger FBI-Ermittler im Zeugenschutzprogramm, fristet sein Dasein als Fredrik Adamsson in der Schwedischen Provinz, wo er ebenfalls wieder als Polizist arbeitet. Aber die Ermittlungen im aktuellen Mordfall geraten fast zur Nebensache, als Johns Vergangenheit ihn in Form eines nigerianischen Syndikats einholt und er plötzlich wieder in allerhöchster Gefahr schwebt. Die Undercover-Ermittlungen gegen diese Verbrecher waren seinerzeit schiefgegangen und er und sein Kollege Trevor mussten deshalb mit neuen Identitäten ins Zeugenschutzprogramm. Jetzt ist Trevor plötzlich in Schweden und die Nigerianer mit ihm. John hat alle Hände voll zu tun, ihrer beider Leben zu schützen und (mehr nebenher) den Mord an der Geschäftsführerin einer erfolgreichen neuen Dating-App aufzuklären. Die Schwester der Toten ist die Hauptverdächtige, denn die beiden hätten unterschiedlicher nicht sein können. Die ermordete Stella war das Gesicht der Firma, Alicia der programmierende Kopf hinter der App und die beiden verband eine Art Hass-Liebe, ein schwesterliches Verhältnis auf der Basis von Abhängigkeiten und Neid. Und auch Alicia und Stella scheint ihre Vergangenheit einzuholen.

Sprachlich fand ich das Buch sehr gut. Es ist flott und alltagsnah geschrieben, handwerklich sehr gut übersetzt und daher gut zu lesen. Die beiden Handlungsstränge aus den Ermittlungen und Johns Kampf gegen die Nigerianer sind gekonnt miteinander kombiniert und auch die Einsprengsel von Alicias Erinnerungen an ein Ereignis vor acht Jahren geben der Geschichte etwas Pfiff. 

Die Charaktere finde ich besser ausgearbeitet als im ersten Teil aber immer noch sehr stereotyp und etwas platt. Vor allem der Protagonist ist für mich kein Sympathieträger und konnte mich mit seiner Art nicht wirklich erreichen. Er ist trotz seiner Kompetenz als Polizist oberflächlich, eigensinnig und lebt und arbeitet nach eigenen Regeln. Schwierig. Und auch Alicia fand ich sehr anstrengend, vor allem ihre Alkohol- und sonstigen Exzesse stießen mich eher ab. 

Der Spannungsbogen im Buch ist ein bisschen wie eine Achterbahnfahrt, mal sehr hoch, mal kaum vorhanden, was dazu führt, dass die Geschichte trotz vieler Cliffhanger am Ende der einzelnen Kapitel einige Längen hat, vor allem auch, weil sie extrem konstruiert wirkt. Gegen Ende nimmt die Geschichte dann allerdings Fahrt auf und wird so spannend, dass ich das Buch nichtmehr aus der Hand legen konnte, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es endet. Obwohl es der zweite Teil einer Serie ist, kann man ihn auch ohne Vorkenntnisse lesen, eventuelle Wissenslücken werden gekonnt gefüllt und auch Neu-Leser haben keine Probleme mit dem Verständnis. Ein typischer Skandinavien-Krimi ist das Buch für mich allerdings nicht, denn außer den schwedischen Straßen- und Ortsnamen könnte die Geschichte mehr oder weniger überall auf der Welt spielen, Lokalkolorit sucht man hier vergebens. 

Insgesamt bin ich von Nordic Noir Krimis Besseres gewohnt, dadurch hat mich das Buch etwas enttäuscht. Trotz der guten Idee und der sprachlichen Finesse kommt es durch die mäßige Umsetzung nicht über einen unterhaltsamen Krimi hinaus. Schade, das Potential zu einem echten Pageturner wäre vorhanden gewesen. Von mir daher wieder nur 3 Sterne.


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