Dienstag, 14. Juni 2022

Die Tochter des Präsidenten - Bill Clinton/James Patterson

 Nach „The president is missing“ haben Bill Clinton und James Patterson mit „Die Tochter des Präsidenten“ ihren zweiten gemeinsamen Politthriller vorgelegt, sonst haben die beiden Bücher allerdings nichts miteinander zu tun.  Zwei Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt, sieht sich der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten Matthew Keating der Rache eines alten Bekannten ausgesetzt. Da er seinerzeit den Angriff befohlen hat, bei dem Frau und die drei Töchter von Asim al-Aschid zu Tode kamen, schlägt dieser nun zurück und befiehlt die Entführung von Keatings 19jähriger Tochter Mel. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. 

Aber von vorn. 

Von vorn? Nein. Das war’s nämlich. Das Buch besteht einerseits aus der Entführung von Mel Keating durch einen islamistischen „Achse des Bösen“- Terroristen, politischem Machtgeplänkel zwischen dem ehemaligen Präsidenten und seiner Nachfolgerin und irgendwie mischt auch der chinesische Machthaber mit. Die amerikanische Seite ist die strahlend gute, der Rest ist Böse – da gibt es nichts dazwischen. Dieses schwarz-weiß mit der Glorifizierung der amerikanischen Streitkräfte („»… der heutige nächtliche Einsatz von Kräften der United States Navy erfolgte auf meinen Befehl und wurde in ihrer typischen Art hervorragend und tapfer ausgeführt. […] Die Navy hat Vorbildliches geleistet und ihren Auftrag glänzend ausgeführt.«“) störte mich an manchen Stellen und ist aus praktisch jedem amerikanischen Thriller bekannt. Wie oft haben wir schon einen (ehemaligen) US-Elite-Soldaten erlebt, der die Welt retten muss? Da erfinden auch James Patterson und Bill Clinton das Rad nicht neu. Aber, wie schon mein ehemaliger Dozent sagte: jede Geschichte wurde schon einmal erzählt, aber aus einem anderen Blickwinkel.

Alleinstellungsmerkmal an diesem Thriller ist daher eindeutig der Einblick, den der ehemalige US-Präsident Bill Clinton in die Vorgänge im Oval Office gibt. Diese fand ich sehr authentisch und berührend, manchmal menschelt es sehr, im positiven wie auch im negativen Sinne. So hat Matt Keating es nicht leicht, von seiner Nachfolgerin Unterstützung bei der Suche nach seiner Tochter und deren Rettung zu bekommen. Politische Machtspielchen sind da an der Tagesordnung. Sicherlich sehr realistisch, denn nach der Wahl ist immer vor der Wahl. Und „Die Wähler mögen keine F**kups“, wie der Mann von Keatings Nachfolgerin konstatiert. Diese Einblicke fand ich sehr spannend, spannender als die Entführungsgeschichte an sich, denn die fand ich zu abgedroschen und ausgelutscht. Ach ja, der Mann von Pamela Barnes nennt Samantha, Keatings Ehefrau eine „B**ch*, was mich direkt zur Sprache bringt, die das Buch ausmacht.

Sie ist einfach, derb und manchmal so simpel wie die Geschichte an sich. Die Charaktere fand ich ebenfalls nicht wirklich gut ausgearbeitet, sie bestechen eher dadurch, dass sie stereotyp und plakativ sind und jedes Klischee bedienen, sei es Rassismus oder Misogynie. Wirklichen Tiefgang haben nur die Protagonisten, den Rest kann man getrost unter "ferner liefen" verbuchen. Punkten konnte das Autorenduo bei mir zwar mit den zahlreichen verschiedenen Erzählperspektiven, aber auch das konnte bei mir die Spannung nicht wirklich aufbauen. Der Schluss hat mich nicht überrascht, natürlich war er stimmig, aber insgesamt zu vorhersehbar. Dabei hätte die Geschichte trotz ihrer Abgedroschenheit Potential geboten, das auszuschöpfen hätte ich von James Patterson eigentlich erwartet. Aber er und sein Co-Autor hangeln sich an Bewährtem entlang und dann kommt auch nur Altbekanntes heraus: ein Buch, das über ein „unterhaltsam“ nicht hinauskommt und von mir daher 2,5 Sterne bekommt, aufgerundet auf drei. Trotz allem könnte ich mir das Buch als Film sehr gut vorstellen, bei Matthew Keating hatte ich auf jeden Fall immer den jungen Harrison Ford in „Air Force One“ vor dem inneren Auge.


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