Dienstag, 21. Februar 2023

Amerikas Gotteskrieger - Annika Brockschmidt

Selten hat ein Buch mich so lange beschäftigt, wie Annika Brockschmidts „Amerikas Gotteskrieger“ – und dabei meine ich sowohl formal als auch inhaltlich. Es ist ein Buch voller Informationen, untermauert mit Quellen und Zitaten, überladen mit Namen und Fakten. Ein Buch voller erschreckender Tatsachen, zusammengetragen und historisch eingeordnet. Für mich ein Buch voller realer und realgewordener Alpträume. 

Aber von vorn. 

Religion ist in den USA ein wichtiges Thema. „In god we trust“ ist seit einigen Jahrzehnten das Credo. Was aber sich hinter Glauben, Frömmigkeit und Gottesfürchtigkeit verbirgt, zeigt ein ganz anderes Bild. Nicht erst seit Donald Trump gibt es eine breite Schnittmenge zwischen den gläubigen Christen aller möglicher Konfessionen (Evangelikale, Protestanten, Katholiken und andere Glaubensrichtungen) und radikalen Nationalisten. Rassismus ist das, was die beiden Gruppen verbindet. Und Homophobie, Transphobie, die Ablehnung der biologischen Evolutionslehre, und so weiter und so fort, schlicht all das, was mit ihrem Glaubensverständnis nicht vereinbar ist. Durch Großspender, die Brüder im Geiste und im Glauben sind, verfügt die Bewegung über schier unbegrenzte finanzielle Mittel und schafft es, immer mehr Bereiche des täglichen Lebens zu durchdringen. Schulen, Universitäten und Firmen sind nur ein Teil, in dem die religiösen Fundamentalisten vielfach schon Fuß gefasst haben. Bibliotheken verbieten Bücher, Schulen nehmen Lehrplaninhalte aus dem Unterricht und natürlich gibt es auch die dazu passenden Medien. Der Glaube hat in den USA schon lange die Kirchen verlassen und sich in Politik und Alltag verankert. Eine Trennung von Staat und Religion ist für die Religiösen Rechten unerwünscht und muss aufgehoben werden. Notfalls mit Gewalt.

Die Gewalt, an die wir uns wohl alle erinnern, ist der Sturm auf das Kapitol nach Donald Trumps verlorener Wahl. Da wurde versucht, Demokratie durch Gewalt zu ersetzen und ein Land, das sich selbst als das demokratischste überhaupt sieht, war so gespalten wie selten zuvor. Ein Teil befürwortete es und der andere war angewidert und entsetzt. Die Zeit wird zeigen, ob Amerika künftig in der Lage sein wird, eine Demokratie durchzusetzen, zumal das System mit dem im Land gewählt und regiert wird, nicht einfach zu verstehen ist. Klar ist aber jetzt schon, dass Donald Trump eine Wiederwahl anstrebt und eine große Anhängerschaft hinter sich versammeln konnte, die seine Vorstellungen teilt. Und wenn was nicht passt, wird es passend gemacht. Geschichte wird neu gedeutet, umgeschrieben oder ignoriert. Wahrheiten werden verdreht, Fake News salonfähig gemacht. Manchmal fühlt man sich ins Mittelalter zurückversetzt, als eine elitäre Minderheit lesen und schreiben konnte und daher dem illiteraten Volk die Bibel vorlesen und erklären musste – ganz nach dem eigenen Gutdünken und zum Erreichen eigener Ziele.

„Amerikas Gotteskrieger“ ist ein schrecklich-gutes Buch. Es ist hervorragend recherchiert und gut geschrieben, auch wenn einen die Fülle an Quellen und Fußnoten manchmal etwas überfordern mag. Diejenigen, die es erreichen kann, wird es zum Nachdenken bringen. Die anderen wird es kalt lassen und sie werden es für ihre Zwecke nutzen und laut „Bashing“ und „Fake News“ rufen. Diejenigen sind aber oftmals ein Teil der Blase, die sich selbst als etwas Besseres sieht, einer Gruppe von „White Supremacy“, die mit ihrem Slogan MAGA (Make America Great Again) allen anderen die Friedfertigkeit und die Gottesfurcht gleich der Kreuzzügler mit Gewalt beibringen möchte. Trump war der Anfang, wie es weitergehen wird, wird die Zeit zeigen. Das Buch zeigt eine einigermaßen düstere Zukunft. Wer die neuere Geschichte der USA und die kommenden Auseinandersetzungen verstehen möchte, dem sei Annika Brockschmidts Buch ans Herz gelegt. Von mir fünf Sterne.  


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