Mittwoch, 22. Februar 2023

Enna Andersen und die verlorene Zeit - Anna Johannsen

 „Meine Eltern wurden vor vierundzwanzig Jahren brutal ermordet. Ein Mann ist dafür verurteilt worden und saß lange im Gefängnis. Inzwischen gibt es erhebliche Zweifel, dass er tatsächlich der Täter war. Ich suche jetzt den wahren Mörder.“ Darum dreht sich der fünfte Teil von Anna Johannsens Serie um Hauptkommissarin Enna Andersen. „Enna Andersen und die verlorene Zeit“ heißt das Buch und nimmt die Leserschaft mit auf eine wilde Achterbahnfahrt und entdeckt Geheimnisse, die sie (und auch ich als Leser) nicht erwartet hätte.

Aber von vorn.

Seit Aaron Bernard in Ennas Leben getreten ist, zweifelt Enna Andersen an der Schuld des wegen des Mordes an ihren Eltern verurteilten Ronald Grothe. Aaron ist nicht nur inzwischen ihr Lebensgefährte geworden, sondern vertritt Grothe nach wie vor in seinem Kampf um ein Wiederaufnahmeverfahren, denn der Mann bestreitet seine Schuld vehement. Enna nimmt sich drei Wochen frei und ermittelt auf eigene Faust, heimlich unterstützt von Kollegen und Privatermittlern. Die Spuren führen sie in alle möglichen Richtungen, allerdings scheinen die meisten Fäden beim ehemaligen Arbeitgeber ihres Vaters, einer Hamburger Anwaltskanzlei, zusammenzulaufen. Und als Enna und ihre Mitstreiter dahinterkommen, wer welchen Dreck am Stecken hat, ist es schon fast zu spät.  

Wow. Das ist ja mal ein Chaos aus Spuren und Verdächtigen, das Anna Johannsen ihrer Leserschaft präsentiert! Tatsächlich kann ich es nicht empfehlen, mit diesem Buch in die Serie einzusteigen. Zwar gibt sich die Autorin redlich Mühe, alles Wissenswerte und Notwendige noch einmal aufzugreifen, aber hätte ich die anderen Teile nicht gelesen, hätte ich vermutlich größere Verständnisprobleme gehabt. So war das Buch für mich aber trotz der Vielzahl an Charakteren und der vielen Ausflüge ins Privatleben aller Ermittler gelungen, wenn auch nicht so gut wie erwartet. Insgesamt ist der Spannungsbogen stellenweise leider nur mäßig hoch, die Auflösung war für mich einerseits stimmig, andererseits fand ich ihn etwas an den Haaren herbeigezogen. Der historische Hintergrund (leider kann ich aus Spoiler-Gründen darauf nicht näher eingehen) ist allerdings wirklich gut eingearbeitet und logisch verknüpft. 

Das Pärchengedöns zwischen Enna und Aaron, Pia und Alina und Paulsen und Katja ist zwar nett aber unspannend und bringt dem Krimi an sich keinen Mehrwert. Wer die anderen Teile der Serie kennt, kann aber die Entwicklung der Charaktere nachvollziehen, vor allem auch die Umstände, wie die jeweiligen Paare zueinander fanden, hatte ich immer vor Augen. Die vielen Verdächtigen und Spuren machten das Buch für mich manchmal ein bisschen unübersichtlich und überladen. Ab und zu beschlich mich das Gefühl, dass die Autorin das Buch gewollt in die Länge zieht, um die Seiten zu füllen. Den Epilog fand ich sehr gelungen und wichtig, denn darin wird der komplette Fall inklusive aller Verdächtigen noch einmal rekapituliert. So erfährt die Leserschaft auch, wie es mit den jeweiligen Personen weiterging. 

Sprachlich ist das Buch wie gewohnt ansprechend. Es ist leicht zu lesen, die Sprache ist alltagsnah und kommt ohne übermäßige Kraft- und Fäkalausdrücke aus. Das ist heutzutage nicht selbstverständlich und eine Wohltat. Ich habe das Buch auf jeden Fall sehr gerne gelesen und vergebe vier Sterne. 


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