Montag, 8. April 2024

Die perfekte Familie - Shalini Boland

 „Die perfekte Familie“ – gibt es sie überhaupt? Vermutlich nicht. Da stimmt eher das „unter jedem Dach ein Ach“. Und auch in Shalini Bolands Thriller „Die perfekte Familie“ ist die Fassade der perfekten Familie genau das: ein schöner Schein. Und auch das Buch selbst hält für mich bei weitem nicht das, was ich mir davon versprochen habe. Statt des angepriesenen fesselnden „Thrillers mit schockierenden Twists“ serviert die Autorin eine eher unausgegorene „Hand an der Wiege“ – Geschichte mit vorhersehbaren Wendungen. Schade, denn die Geschichte hätte jede Menge Potential gehabt.

Aber von vorn.

Die erfolgreiche Geschäftsfrau Gemma Ballantine zunehmend damit überfordert, Firma, Haushalt und ihren beiden Töchtern unter einen Hut zu bekommen. Dazu setzt sie auch ihre Schwiegermutter Diane immer mehr unter Druck, sich zwischen Familie und Beruf zu entscheiden. Alternativ könnte sie eine Nanny einstellen, um nicht weiterhin eine Rabenmutter zu sein, wie eine Farbschmiererei auf ihrem Auto sie nennt. Als ihre Tochter Eva für den Übertritt aufs Gymnasium einen Nachhilfelehrer (alternativ eine Nachhilfelehrerin) braucht, ist es eine Fügung des Schicksals, dass die Bewerberin Sadie nicht nur schulische Lücken schließen könnte, sondern sich auch noch um die sechsjährige Katie und um den Haushalt kümmern könnte.

Dass sich der Mary-Poppins-Verschnitt nicht nur um Kinder und Haushalt kümmern würde, war klar, sonst wäre das Buch ja kein Thriller. Naja, ist es ja auch nicht wirklich, denn durch die beiden Erzählstränge zerredet die Autorin für mich jede auch nur ansatzweise aufkommende Spannung schon bevor sie entstehen kann. Die Sicht von Gemma ist die Sicht der absolut Unwissenden. Sie versucht ihren Alltag mit Beruf und Familie zu meistern und dazu auch noch der Schwiegermutter zu gefallen, die, „früher“ selbst natürlich alles viel besser gemacht hat. Der andere Erzählstrang besteht aus Sadies Gedanken und so weiß die Leserschaft immer schon lange vor Gemma, was ihr blüht. Und leider wird die tatsächliche Handlung dann nicht mehr besonders spannend.

Sprachlich konnte mich das Buch auch nicht wirklich begeistern, stellenweise liest es sich unbeholfen und holprig, mehr wie ein Projekt einer Creative-Writing-AG als das Werk einer erfahrenen Autorin. Die Übersetzung ist allerdings wirklich gelungen. Die Charaktere waren ganz gut ausgearbeitet, wobei mir Gemma als Protagonistin völlig unsympathisch war. Sie war mir zu naiv und überfordert, um als erfolgreiche Geschäftsfrau glaubwürdig zu sein. Schwiegermutter Diana und die Nanny Sadie werden meiner Meinung nach wesentlich besser beschrieben, die Töchter und Ehemann Robert bleiben eher blass. 

Alles in allem hat mich das Buch ziemlich enttäuscht. Für mich kam kaum Spannung auf, dafür war es voller Klischees wie die „böse“ Schwiegermutter, die die Schwiegertochter ablehnt und sie das auch ständig spüren lässt. Dazu kommen die unglaublich nervigen und überehrgeizigen Mütter der Mitschülerinnen der Töchter und an Gemmas Seite ist ein alles in allem eher wenig hilfreicher Ehemann. Durch den Aufbau mit den beiden Erzählperspektiven wusste man als Leser:in zu viel, als dass einen etwas an der Handlung hätte überraschen können. Für mich war es daher kein Thriller, über weite Strecken noch nicht einmal ein Krimi, sondern eher eine leidlich unterhaltsame Familientragödie wie man sie schon zig Mal gelesen hat. Zu Ende gelesen habe ich das Buch im Endeffekt nur, weil ich bis kurz vor Schluss auf die versprochenen „schockierenden Twists“ gewartet habe. Vergeblich. Von mir daher zwei Sterne. 


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