Montag, 8. April 2024

Der Lärm des Lebens - Jörg Hartmann

„Faber“ – das ist der Name, den ich hauptsächlich mit dem Schauspieler Jörg Hartmann verbinde, schließlich spielt er den kauzigen Tatort-Kommissar aus Dortmund seit über zehn Jahren. Jetzt hat er mit „Der Lärm des Lebens“ ein Buch über sein Leben, seinen Beruf und seine Familie vorgelegt. Oder zumindest war das wohl der Plan, denn so ganz funktioniert das Buch für mich nicht. Es ist keine richtige Autobiografie, es ist aber auch kein Roman, es ist irgendwo zwischendrin. Im Endeffekt war die Lektüre für mich ein netter Zeitvertreib, mehr aber auch nicht.

„In «Der Lärm des Lebens» erzählt Jörg Hartmann auf hinreißende Weise seine Geschichte und die seiner Eltern und Großeltern“ steht im Vorwort und danach habe ich überall im Buch gesucht. Ich konnte aber weder das eine noch das andere finden, er schreibt weder hinreißend, noch schreibt er übermäßig viel über seine Eltern und Großeltern. Schade, denn darauf habe ich mich gefreut, denn so etwas bringt dem Publikum den Schauspieler/Autor näher. Doch bei der Lektüre kam es mir so vor, als habe im Leben von Jörg Hartmann nur Jörg Hartmann Platz und vielleicht noch die engsten Familienmitglieder. Er schreibt ausufernd darüber, wie er sein erstes Engagement bekam, über Nebenrollen und das Anbiedern bei verschiedenen Bühnen. Dann springt er zum letzten Besuch in einem Pflegeheim in Herdecke bei seinem dementen Vater, zur Beerdigung und wieder zurück zu seinen Anfängen in der Schauspielerei. 

Insgesamt fehlt dem Buch der rote Faden für mich gänzlich. Fixpunkte in der Geschichte sind der Mauerfall, 9/11 und der Ausbruch von Covid 19. Um diese gruppiert der Verfasser seine Geschichten, springt in der Zeit hin und her und wirft mit Namen um sich, oft schreibt er im Dialekt, voller „hömma“ und „wonnich“. Das gibt dem Buch Charme und Charakter, aber leider keinen Inhalt. Die Demenz des Vaters, dessen Tod und die Mukoviszidose der ältesten Tochter werden förmlich von Nebensächlichkeiten überdeckt. Wann spielte er an welcher Bühne, wann hatte er wo Dreharbeiten? Was ist mit dem großen Puppenhaus, das er gekauft und bei der Mutter im Keller zwischengelagert hat? Wieso hat er sich simplen grünen Tee in Schanghai für sehr viel Geld andrehen lassen? Das sind eher seine Themen als die gehörlosen Großeltern oder die Pommesbude der Mutter. Substanz und Relevanz habe ich größtenteils vergeblich gesucht.

Sprachlich ist das Buch gut zu lesen, die Sätze sind simpel und die Sprache kumpelhaft und bodenständig. Angenehm fand ich auch, dass er mit Lockdown nach Ausbruch der Corona-Pandemie (anders als viele seiner Kollegen) eine gewisse Entschleunigung und Selbstbesinnung auf sich und die Kinder erlebte. Die eher kurz angerissene Geschichte seiner gehörlosen Großeltern hätte ich gerne ausführlicher gelesen. Die Episode um Wilfried, den „Riesenfan von Dortmund“, der der Meinung war, „der Faber sei überhaupt der Beste“ ging mir wirklich ans Herz. Aber es gibt in dem Buch auch weniger angenehme Stellen, wie beispielsweise die ausufernde Beschreibung eines Kindergeburtstags gegen Ende. Dieses Kapitel habe ich tatsächlich nur zu Ende gelesen, weil ich wissen wollte, woher seine lang und breit geschilderten körperlichen Symptome kamen. 

Jörg Hartmann wollte seine eigene Geschichte irgendwie in die Weltgeschichte einordnen. Das ist ihm zum Teil gelungen, zum Teil aber überhaupt nicht. Das Buch mäandert zwischen humorvoll und langweilig, interessant und dröge hin und her und schafft es wegen der vielen in epischer Breite geschilderten Belanglosigkeiten nicht, mich zu begeistern. Jörg Hartmann und ich haben wohl eine sehr unterschiedliche Auffassung darüber, was wichtig ist und was nicht. Es ist eher ein Buch für echte Fans. Von mir daher drei Sterne. 


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