„On the Road. Von der Freiheit auf dem Rennrad“ ist der Titel von Rick Zabels Buch (geschrieben in Zusammenarbeit mit Harald Braun). Ich mag Biografien und ich mag Sport. Zwar bin ich nicht unbedingt ein Radfahr-Fan, aber ich erfahre gerne mehr über die Menschen hinter den bekannten Namen. Wenn man mit 32 Jahren seine Autobiografie vorlegt, sollte man eine Menge zu erzählen haben. Und man sollte es in ansprechender Form zu Papier bringen.
Aber von vorn.
Rick Zabel hat viel zu erzählen, über Höhen in seiner Karriere und noch viel mehr über die Tiefen. Nachdem er das Fußballspielen aufgegeben hatte, machte er einige Zeit keinen Sport mehr. Ein Kommentar seiner Mutter brachte ihn dazu, mit „richtigem Radsport“ zu beginnen, denn er „war ein richtiger Pummel geworden“. Obwohl er aus einer Familie kommt, in der Radsport eine große Rolle spielte und immer noch spielt (er ist der Sohn des Radrennfahrers Erik Zabel und ein Enkel des Radrennfahrers Detlef Zabel), war es bis zu seiner Anmeldung beim RSV Unna gar nicht klar, ob er in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters treten würde. Dann aber begann er, sich für den Sport zu begeistern. Mit 13 Jahren verließ er sein Elternhaus in Kessebüren und besuchte fortan das Sportinternat in Erfurt. Nach viereinhalb Jahren verließ er Erfurt und brach die Schule in der elften Klasse mitten in einer „Mir egal“-Phase ab. Aufgrund seiner sportlichen Erfolge konnte er sich in schulischer Hinsicht erlauben, faul zu sein und hat sich „nicht wie jemand verhalten, den ich selbst gern kennengelernt hätte.“ Er kehrte in den Schoß der Familie und sein ehemaliges Kinderzimmer zurück. In den folgenden Jahre fuhr er für das Rabobank Development Team, das BMC Racing Team, Team Katusha Alpecin, Israel Start-Up Nation und Israel-Premier Tech. Er wurde als Profi nur mäßig erfolgreich, seine Laufbahn war ein stetes Auf und Ab. Er fuhr viermal den Giro d'Italia und viermal die Tour de France, stürzte oft, verletzte sich häufig und beendete die Karriere 2024 mit 31 Jahren. Jetzt ist der Vater von zwei Söhnen Rad-Influencer, Podcaster und Kommentator.
Alles in allem fand ich das Buch leider sehr mittelmäßig. Sprachlich ist es ein bisschen auf Podcast-Niveau, wobei ich seinen Podcast nicht kenne. Das Buch ist locker-flockig aus der Hüfte geschrieben und leicht zu lesen. Aber ich habe auch keine große Literatur erwartet. Was ich aber erwartet hatte, war eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Zwar schreibt Zabel ehrlich über seine eher mäßig verlaufene Karriere (in 13 Jahren als Profi ist er nie ganz vorne mitgefahren und feierte lieber, als richtig hart zu arbeiten), verliert sich ein bisschen in der Aneinanderreihung von Rennen und Platzierungen und vernachlässigt dabei meiner Meinung nach die Informationen zum Menschen Rick Zabel. Interessant fand ich seine Erzählungen über sein Verhältnis zu seinem Vater und die Schwierigkeiten, die das Tragen eines bekannten Namens mit sich bringt. Da befand er sich fast in einer No-Win-Situation. Fuhr er gut, hieß es „kein Wunder, bei dem Vater“ und fuhr er schlecht, fiel die Kritik härter aus als bei anderen. Dazu kam, dass sein Vater ein enorm hohes Maß an Trainingsfleiß und Zielstrebigkeit auszeichnet, etwas, das dem Sohn zeitweise schlicht fehlte. Informativ fand ich das Kapitel über den Umgang mit der Doping-Vergangenheit von Vater Erik und Hintergrundinformationen über Doping an sich. Leidlich interessant und informativ fand ich seine „Begriffe aus der Welt des Radsports“, allerdings gibt es ein paar davon genauso in anderen Sportarten, zum Beispiel ist mir als Läufer der „Hungerast“ (leider) sehr gut bekannt.
Einerseits schreibt Rick Zabel sehr reflektiert über seine Zeit im Profi-Radsport, seine Ehrlichkeit finde ich lobenswert. Er geht hart mit sich selbst ins Gericht, schreibt über seinen mangelnden Fleiß und Reibereien mit seinem Vater und hohen Erwartungsdruck. Egal, ob man seine Karriere als gescheitert ansieht oder es „er hat seinen Weg abseits des Sports gefunden“ - für mich ist das Buch auf jeden Fall keine wirklich gelungene Autobiografie und auch kein Buch über den Radsport und die Liebe dazu. Auch wegen der überschaubaren Seitenzahl und der fehlenden Bilder war es allenfalls eine nette Lektüre für einen verregneten Nachmittag. 2,5 Sterne, aufgerundet auf drei.
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