Montag, 15. Juli 2024

Akte Nordsee. Das schweigende Dorf - Eva Almstädt

 Eigentlich mag ich die „Akte Nordsee“-Serie von Eva Almstädt gern. Aber der dritte Teil mit dem Titel „Das schweigende Dorf“ konnte mich nicht wirklich begeistern. Unterhaltsam ist der Krimi um die Anwältin Fentje Jacobsen zwar, mehr aber auch nicht. Eine schier unüberschaubare Menge an Charakteren und eine etwas konfuse und sehr konstruierte Handlung machte das Buch für mich chaotisch und nur leidlich spannend. Positiv fand ich nur die Nordseelandschaft und Fentjes eigenwillige und reichlich schrullige Oma war ein echter Lichtblick. Leider reicht das für einen gelungenen Krimi nicht aus.

Aber von vorn. 

»Wir kennen uns nicht. Aber ich brauche Ihre Hilfe!« Mit diesen Worten zieht ein Unbekannter namens Sascha Anwältin Fentje Jacobsen kurz vor Mitternacht in einen komplizierten Fall. Denn es geht noch weiter: „Er ist tot. Tot! Ich glaube, ich habe gerade einen Mord begangen!“ Tags darauf muss die rührige Juristin feststellen, dass im kleinen Dorf Helenendeich nicht nur Eike Harms erschlagen in seiner Küche aufgefunden wurde, sondern auch ein Mann namens Sascha Janssen. Und das ist nur der Anfang, wobei sich Fentjes Recherchen enorm schwierig gestalten. Sie hat keinerlei Befugnisse, ihr mutmaßlicher Mandant ist tot und konnte sie nicht offiziell beauftragen. Zusammen mit dem Journalisten Niklas John ermittelt sie dennoch und sie stoßen in dem norddeutschen Dorf auf eine Mauer des Schweigens. Vor allem, als sich herausstellt, dass Sascha Eike Harms gar nicht ermordet und sich dann selbst erhängt hat, sondern beide Männer von einem Unbekannten getötet wurden, kann sie nicht auf Hinweise aus der Bevölkerung hoffen, das Dorf schweigt eisern. Auch die Informationen zu einem mehrere Jahre zurückliegenden Vermisstenfall und einem Selbstmord sind spärlich. Aber hängen die beiden Fälle überhaupt zusammen? 

Stilistisch ist das Buch leicht und flüssig zu lesen. So viel zu den positiven Aspekten. Eigentlich liegt mir die ungewöhnliche Konstellation bei den „Akte Nordsee“-Krimis auch. Dass das Ermittlerteam aus einer Anwältin und einem Journalisten besteht, ist nicht alltäglich. Aber in diesem Band überschreitet Fentje ihre Kompetenzen meiner Meinung nach so eklatant, dass ihre Impertinenz zum Teil schon fast zum Fremdschämen war. Was für ein Glück, dass Niklas als Journalist einen guten Draht zur Polizei hat und ihr zu Hilfe eilen kann. Überhaupt hilft den beiden immer wieder Kommissar Zufall und irgendwelche Beziehungen zu irgendwem, der irgendwen kennt, der irgendwas weiß. Ihre eigene zwischenmenschliche Beziehung ist in der Schwebe, was Oma Gretje gar nicht passt. Sie versucht daher verzweifelt, Fentje an den Mann, genauer gesagt, an den neuen Tierarzt, einen schmucken Adligen zu bringen. Niklas hingegen muss sehr viel Charme spielen lassen, um als Witwentröster an Informationen zu den Morden zu kommen.

Leider schafft Eva Almstädt es nicht, einen konstanten Spannungsbogen aufzubauen. Über weite Teile plätschert das Buch vor sich hin, wirklich Fahrt nimmt die Handlung erst im letzten Drittel auf. Durch die große Zahl an Charakteren wird alles etwas unübersichtlich, zumal einige der Personen zur eigentlichen Geschichte nichts oder nur wenig beitragen. Obwohl ich, der ich in einem 200-Einwohner-Dorf lebe, vieles der Dynamik innerhalb der Ortsgemeinschaft nachvollziehen kann, hätte ich mit der Feindseligkeit nicht gerechnet. Doch, wie Fentje konstatiert: „»In Helenendeich ist aber nichts normal“.

Zusammen mit den Themen Kriminalität, Gewalt gegen Frauen und Mobbing hatte ich manchmal das Gefühl, die Autorin hat sich etwas verrannt, da nicht alles zufriedenstellend auserzählt wird. Selbst die Auflösung am Schluss konnte bei mir nicht punkten. Insgesamt fand ich „Das schweigende Dorf“ zu konstruiert, was in Anbetracht der guten Idee hinter dem Buch schade ist. Da hat die Autorin meiner Meinung nach sehr viel Potential verschenkt. Zusammen mit der fehlenden Spannung war das Buch für mich leider eine Enttäuschung und ich vergebe zwei Sterne. 


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