Montag, 26. August 2024

Taubenschlag - Dennis Jürgensen

„Teit und Lehmann. Das famose dänisch-deutsche Gespann und gute Beispiel für grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit.“ Das könnte die Überschrift für „Taubenschlag“ sein, den zweite Krimi des dänischen Autors Dennis Jürgensen aus der Reihe „Teit und Lehmann ermitteln“. Zwar fand ich das Buch nicht so spannend wie sein Vorgänger „Gezeitenmord“, für mich war viel zu früh klar, wer hinter den Morden steckt. Aber die Geschichte ist vielschichtig, gut ausgearbeitet und wartet mit zwei sehr unterschiedlichen Ermittlern auf, die hervorragend miteinander harmonieren.

Aber von vorn.

„Irgendwo über uns stand die Mauer. Wir sind im alten Ostberlin runtergegangen, jetzt sind wir in Westberlin.“ Beim Kartieren eines bis dahin unbekannten unterirdischen Bunkers finden zwei Mitarbeiter von Bunker Protocol die Leichen eines Ehepaars und dessen kleiner Tochter. Die drei Toten lagen schätzungsweise rund 40 Jahre im Bunker, vermutlich waren sie auf der Flucht in den Westen. Kurze Zeit später wird in Norddeutschland eine alte Frau erschossen aufgefunden. Sie wurde vor ihrem Tod gefoltert und an den Sessel gefesselt erschossen Es findet sich noch ein weiteres makabres Detail am Tatort: auf ihrem Schoß liegt eine tote Taube. Der Fall wird Rudi Lehmann übertragen, im Rahmen von CEPOL (Collège européen de police, diese fördert die europäische Polizeizusammenarbeit durch Ausbildung über die Landesgrenzen hinweg) wird die Kopenhagener Kriminalassistentin Lykke Teit vier Monate nach ihrer ersten Zusammenarbeit wieder an ihn „ausgeliehen“. Kurz darauf wird ein älterer Mann ebenfalls erschossen an einen Sessel gefesselt aufgefunden. Auch bei ihm liegt eine Taube. Als Lykke bei ihren eigenmächtigen Ermittlungen spät abends in einem der Opfer-Häuser beinahe zu Tode kommt, wird der Fall „doppelt so ernst“ und den Ermittlern droht die Zeit davon zu laufen. Hängen die Morde zusammen und handelt es sich beim Täter um einen Serienmörder?

Der Schreibstil von Dennis Jürgensen ist flüssig und nah am Leser. Einige handwerkliche Fehler in der Übersetzung fielen mir (berufsbedingt) auf, so ist die Mehrzahl von Schublade zum Beispiel ganz sicher nicht Schubläden und das/dass-Fehler finde ich schlicht ärgerlich. Fertig gemeckert, denn abgesehen davon gibt es keine Kritikpunkte. Inhaltlich kann der Krimi bei mir vor allem durch Komplexität auf mehreren Ebenen punkten. (DDR-) Vergangenheit trifft auf aktuelle Morde, wobei natürlich eine Verstrickung der Stasi nicht auszuschließen ist. Lykke Teit kämpft mit ihrer eigenen Vergangenheit, da sie schwer mit dem Verlust ihrer Tochter Gry zu kämpfen hat, die vor fünf Jahren durch den Angriff eines Kampfhundes zu Tode kam. Jetzt glaubt ihr ex Mann Thomas den Halter des Pitbull Terriers gesehen zu haben und reißt alte Wunden wieder auf. Und auch Rudi Lehmann sieht sich plötzlich mit seiner eigenen familiären Vergangenheit konfrontiert. Die Charaktere und auch die Schauplätze sind sehr gut und anschaulich beschrieben. Lykke und Rudi sind ein interessantes Ermittler-Paar, das, nicht zuletzt wegen des großen Altersunterschiedes, der kulturellen Unterschiede und ihrer eigenen familiären Hintergründe eine ganz spezielle zwischenmenschliche Dynamik hat.

Als erfahrener und langjähriger Krimileser wusste ich zwar schon sehr früh, wer der Mörder ist und der Autor verzichtet dahingehend auch weitgehend auf Überraschungen. Die Ermittlungen fand ich dennoch sehr spannend, vor allem, da das Motiv hinter den Taten lange unklar ist. Dadurch fand ich den Krimi überaus unterhaltsam und lesenswert. Da es erst der zweite Teil der Reihe ist, kann man das Buch problemlos ohne Vorkenntnisse lesen. Ich kann den ersten Band „Gezeitenmord“ aber allen ans Herz legen, die gerne vielschichtige und gut erzählte Krimis mit menschlichen und nahbaren Ermittlern mögen. Diesen empfehle ich natürlich auch „Taubenschlag“, ich habe das Buch sehr gern gelesen und vergebe fünf Sterne.

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