Der Klappentext von Sebastian Dobitschs „Küstenwahn“ hatte mich angesprochen, sonst wäre ich vermutlich nie auf das Buch gestoßen. Eine psychiatrische Anstalt auf einer abgelegenen Insel vor der schottischen Küste, drei verschwundene Mitarbeiter, zwei sehr verschiedene Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen auf die Suche nach den Verschwundenen machen, dazu einige sehr undurchsichtige Personen auf der Insel – das alles klingt sehr verlockend. So ganz konnte der Autor für mich die Erwartung nicht erfüllen, doch im Endeffekt hat das Buch mich positiv überrascht.
Aber von vorn.
Privatdetektiv Liam Hopkins bekommt den Auftrag, drei auf einer
abgelegenen Insel verschwundene Menschen zu suchen. Dabei handelt es sich um
den Hausmeister, einen Wachmann und eine Ärztin, die alle drei in der
psychiatrischen Anstalt arbeiten, die auf Widow Peak beheimatet ist. Der
Auftrag kommt Liam sehr gelegen, ist er doch auf der Flucht vor einem
Geldeintreiber, der ihm noch dazu die Killerin Sonya auf den Hals gehetzt hat.
Damit er sich nicht absetzen kann, fährt sie mit zur Insel. Sie tarnen sich beide
als Patienten, schnell stellt sich aber heraus, dass Sonya ein ganz eigenes
Motiv hat, die Psychiatriemitarbeiter wiederzufinden: die vermisste Ärztin ist
ihre Schwester. Der verschwundene Hausmeister wird nach einer Explosion tot
aufgefunden, schnell stellt sich doch heraus, dass er schon ermordet wurde,
bevor die Detonation den Funkmast der Insel lahmlegte. Solange Liam und Sonya suchen, verschwimmen
die Grenzen – die Jäger werden zu Gejagten und überhaupt – wer ist wer und wer
hat welche Ziele in dem seltsamen Spiel? Ein Wettlauf um die Wahrheit und gegen
die Zeit beginnt, ein Rennen, das man nur durch Zusammenarbeit und nicht durch
Konkurrenz gewinnen kann.
Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um mit dem Buch warm zu
werden. Die beiden Protagonisten lagen mir allerdings bis zum Schluss nicht,
zugegebenermaßen aber alle anderen Charaktere im Buch auch nicht. Sie sind zwar
gut durchdacht und beschrieben und die Tatsache, dass man praktisch bis zum
Schluss nicht weiß, wer oder was sie wirklich sind und was sie eigentlich
antreibt, machte sie interessant und speziell. Trotzdem konnte ich mich mit
ihnen einfach nicht anfreunden. Der Schauplatz des Buchs ist zwar nichts Neues,
aber hervorragend gewählt. Der Autor hat die klaustrophobische Atmosphäre
hervorragend eingefangen, dazu die alten Gebäude, die raue See und die steilen
Klippen sehr gut beschrieben, dass die Fähre die Insel nur einmal im Monat
anfährt, war für mich ein Sahnehäubchen. Leider gelingt es ihm nicht
hundertprozentig, den Spannungsbogen konstant hoch zu halten, aber über weite
Strecken hat das Buch mich vor allem aufgrund der vielen Wendungen gefesselt.
Sprachlich fand ich das Buch eher durchschnittlich, aber dem Genre
entsprechend.
Insgesamt fand ich „Küstenwahn“ unterhaltsam und eine
spannende, eher anspruchslose Lektüre für zwischendurch. Der Schluss passt,
mich hat er tatsächlich etwas überrascht. An manchen Stellen der Handlung
scheint der Autor sich etwas verrannt zu haben. Um aus manchen chaotischen
Situationen wieder herauszukommen, muss er zu einigen Tricks greifen, wodurch
die Geschichte an ein paar Stellen schon sehr konstruiert wirkt. Aber er schafft
es, alles zu einem stimmigen Ganzen zu verbinden. Die Tatsache, dass man
zwischendurch nicht mehr weiß, was die Wahrheit ist und wer zu den Guten und
wer zu den Bösen gehört, ist ein gelungener Kniff und Gänsehautfaktor gibt es
an einigen Stellen durchaus auch. Von mir gibt es vier Sterne.
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