Donnerstag, 27. Februar 2025

William Turner - Boris von Brauchitsch

Vermutlich am 23. April jährt sich der Geburtstag von William Turner zum 250. Mal. Jetzt hat der Fotografie- und Kunsthistoriker Boris von Brauchitsch eine neue reichlich bebilderte Biografie des „Malers des Lichts“ vorgelegt. Als Student im englischen Lincoln kenne ich natürlich seine Gemälde der dortigen Kathedrale, daher war die Lektüre der 237 Seiten für mich eine wahre Freude. Boris von Brauchitsch konzentriert sich bei seinem Buch stark auf Turners Werk, seine Reisen und seinen Einfluss auf die Kunstgeschichte. Über den Menschen William Turner erfährt man aber am Rande aber auch einiges, viel ist allerdings über ihn gar nicht bekannt.

Aber von vorn. 

Joseph Mallord William Turner wurde als „der Maler des Lichts“ zu einem der bekanntesten und bedeutendsten bildenden Künstler Großbritanniens. Er wurde vor allem mit seinen Landschafts- und Marinebildern berühmt, schuf aber auch Gemälde von Schlachten, industriellen Häfen oder malte die Glut von Hochöfen, weil er sie ästhetisch interessant fand. Mit seiner Kunst, beziehungsweise seiner Auffassung von Kunst, war er seiner Zeit voraus und gleichzeitig ein Künstler seiner Zeit. 1775 in London geboren, 1851 ebenda verstorben, fiel sein Leben in die kunstgeschichtliche Epoche des Klassizismus (etwa zwischen 1770 und 1840) beziehungsweise der Romantik. Er lernte das Handwerk von der Pike auf. Der Sohn eines Barbiers kolorierte Kupferstiche, arbeitete als Zeichner in einem Architekturbüro und durfte dann schon als Jugendlicher dank eines Stipendiums die Royal Academy besuchen. Der Rest ist Geschichte. 

Er malte zunächst überwiegend Landschafts-Aquarelle. Später schuf er mythologische und Historienbilder. Diese waren oft idyllische Darstellungen, oft malte er aber auch Katastrophen und bedrohliche Szenarien (bekannt ist sein Gemälde des Parlamentsbrandes von 1834 und seine Gemälde großer Schlachten). Dabei spielte er zunehmend mit der Darstellung des Lichts, was auch später sein Werk ausmachen sollte. Dadurch wirken auch seine Ölgemälde mehr wie Aquarelle, was ihm Kritik einbrachte, da den Bildern „die Substanz fehlte“. Die Herangehensweise an die Darstellung der Elemente beeinflusste später die Impressionisten. Mit der Auflösung der Form bis hin zu ihrer kubischen Vereinfachung war Turner seiner Zeit weit voraus. 

Turner reiste sehr viel und war extrem produktiv (er hinterließ der Welt mehr als 550 Ölgemälde, 2000 Aquarelle und über 30000 Skizzen und Zeichnungen). Außerdem war er wohl in allem, was er tat, sehr gründlich. Als Professor für Perspektive las er sich gründlich in die Theorie ein und studierte internationale Lehrbücher. Er verstand es auch hervorragend, seine Bilder zu verkaufen. In Theodor Fontane, der in den 1850er-Jahren als Korrespondent der „Kreuz-Zeitung“ nach England geschickt wurde, hatte er einen großen Fan. Sonst weiß man über den Menschen William Turner eher wenig. Er war unverheiratet, hatte aber mindestens zwei Töchter. Er galt vor allem in späteren Jahren als schrullig und exzentrisch. Clara Wheeler, Tochter des Malers und Turner-Freundes William Frederick Wells, sagt über den weithin als exzentrisch und verschroben bekannten Künstler, in seinem Wesen lag „viel Gutes und Wertvolles verborgen, mehr als die Welt ahnt.“ 

Ein großer Fan bin ich auch. Wer Werke von Turner sehen möchte, dem sei ein Besuch der Tate Gallery in London ans Herz gelegt. Und wer sich eingehender mit dem Künstler befassen möchte, dem empfehle ich das Buch von Boris von Brauchitsch. Ich fand es sprachlich ebenso ansprechend wie die Auswahl der im Buch abgedruckten Bilder. Dadurch, dass ich sie im E-Book heranzoomen konnte, störte es nicht, dass sie sehr klein sind. Die Einordnung von Turners Werk in sein Leben und die Beschreibungen seiner Reisen fand ich äußerst interessant. Das Buch ist kein Bildband, keine reine Biografie und keine Werksbiografie, sondern eine spannende Mischung. 

Von mir fünf Sterne.


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