Freitag, 21. November 2025

Verschworen - Eva Björg Ægisdóttir

»Die Morde in diesem Land sind schlampig und stümperhaft. Werden unter Einfluss von Alkohol oder Medikamenten durchgeführt und passieren meist innerhalb von Familien.« Dass aber auch auf Island Morde durchaus minutiös geplant sein können, zeigt „Verschworen“, der fünfte Teil der Reihe Mörderisches Island von Eva Björg Ægisdóttir. In diesem Teil ist Elma wieder da! Und für alle, die sie im vierten Teil vermisst haben, sei gesagt: sie ist in Topform! Natürlich gibt es wieder Tote, es wird ermittelt, und auch das Privatleben von Elma, Sævar und Hörður kommt nicht zu kurz. Wie immer spielt die psychologische Komponente eine sehr große Rolle, was es für mich zu einem rundum gelungenen Buch macht.

Aber von vorn.

Þorgeir, der Sohn der Nachbarin von Elma und Sævar, wird in einem Ferienhaus in Akranes mit sieben Stichen getötet. Über der Leiche des Einundvierzigjährigen steht der Satz „Mit Blut nimm hinweg die Vergehen und Sünden, o Jesu“ an der Wand. Die Zeile stammt aus einem isländischen Kirchenlied. Erste Ermittlungen zeigen, dass Þorgeir vor seinem Tod nicht allein im Ferienhaus war. Wer ist die ominöse „Andrea“, mit der er sich nach Aussage von Freunden in letzter Zeit getroffen hatte? Woher stammt der riesige Blutfleck im Wohnzimmer, der mit Sicherheit älter als zwei Jahre ist? Elma ist frisch aus der Elternzeit zurück im Job, jetzt kümmert sich ihr Partner Sævar um die inzwischen siebenmonatige Tochter Adda. Er hat auf dem Dachboden ihres neugekauften Hauses eine Kiste gefunden, die der ehemalige Eigentümer zurückgelassen hat. Darin ist auch eine Art Tagebuch eines Jugendlichen. Er war 1995 in einem christlichen Ferienlager, in dem auch das Mordopfer Þorgeir war. In diesem Jahr ist dort ein Junge ums Leben gekommen. Haben die Vorfälle etwa miteinander zu tun? Sævars Vermutung wird zuerst belächelt, aber dann kommt es zu einem weiteren Mord. Und auch das Opfer dieses Verbrechens war seinerzeit im Ferienlager in Vatnaskógur.

Nachdem der vierte Teil der „Mörderisches Island“-Reihe eine Art Intermezzo ohne Elma war, ist sie jetzt wieder im Einsatz. Und wie sie das ist! Zwar hatte sie sich eine ruhigere Rückkehr nach ihrer Elternzeit gewünscht, aber auch in Island nehmen Verbrecher nicht unbedingt Rücksicht auf die Wünsche der Ermittler. Dennoch ist der Krimi eher ruhig und die Ermittlungsarbeit ist kompetent und gründlich. Die Charaktere sind sehr gut beschrieben und selbst die Täter haben eine sympathische Komponente. Die Autorin nimmt die Leserschaft in verschiedenen Zeitebenen mit ins Privatleben der Opfer und Täter und im Hier und Jetzt ins Leben von Elma und Sævar mit ihrer Tochter. Über das Wiedersehen mit Elmas Chef Hörður habe ich mich fast genauso gefreut, wie über das Wiedersehen mit Elma selbst. Hörður trauert auch ein Jahr nach ihrem Tod noch sehr um seine Ehefrau Gígja und schottet sich mehr und mehr ab.

Eine Erzählebene spielt 1995, rund um das christliche Ferienlager. Die Beschreibungen sind bedrückend und vage, die Leserschaft erfährt sehr wenig über die Geschehnisse, aber doch so viel, um die Spannung zu steigern. Obwohl man nicht weiß, wer Täter und wer Opfer ist, und ob es überhaupt ein Opfer gibt, wird man von der Geschichte gepackt und will einfach immer nur weiterlesen. Die zweite Erzählebene spielt 25 Jahre später und umfasst die etwa zweiwöchige Ermittlungszeit, allerdings aus verschiedenen Perspektiven. Der Spannungsbogen ist subtil hoch, allerdings weiß man als Leser:in immer ein bisschen mehr als die Ermittelnden. Obwohl alles überwiegend unblutig und sachlich beschrieben wird, hat man beim Lesen ständig ein ungutes Gefühl.

Die Themen, die Eva Björg Ægisdóttir anspricht, sind unter anderem Mobbing, toxische Beziehungen, Korruption, Familientragödien und Trauer. Als wären diese Themen nicht schwer genug, wartet die Autorin auch noch mit einer konstant düsteren Atmosphäre auf. Ich habe alle Teile der Serie gelesen, man kann die Bücher sicher auch unabhängig voneinander lesen, allerdings sind die Personen so miteinander verflochten, dass die Lektüre sicher mehr Spaß macht, wenn man sie alle in der richtigen Reihenfolge liest. Dieser Band endet mit einem losen Ende, das mich ungeduldig auf den nächsten Teil warten lässt: Sævar, Elmas Mann, hat eine dunkle Vergangenheit, die ihn jetzt einzuholen droht.

Dieses Buch empfehle ich allen Freunden von gut geschriebenen Krimis mit psychologischer Komponente, sympathischen Charakteren und der speziellen Atmosphäre Islands. Fünf Sterne von mir.

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