Freitag, 7. November 2025

Alb - Wolfgang Alber/Caroline Albers

Wenn sich der Autor Wolfgang Alber und die Fotografin Caroline Albers zusammentun, dann kann das Buch definitiv nur „Alb“ heißen. Und bei dem Titel ist der Name Programm: es geht um die Alb. Genauer gesagt, um Wanderungen zu den 20 schönsten literarischen Schauplätzen des schwäbischen Mittelgebirges. Literarische Einblicke kombiniert mit eindrucksvollen Fotos – das Buch mach Freude!

Lang ist es her, dass ich zuletzt auf der Alb gewandert bin. Meine Oma erzählte von ihren Wandertagen in den 1930er-Jahren von Pfullingen zum Lichtenstein. Als Kind haben mich meine Eltern dazu gezwungen, auf die „Unterhose“ oder zur Wurmlinger Kapelle zu wandern. Hätten ich damals schon „Alb“ von Wolfgang Alber und Carolin Albers gekannt, hätten mich die Spaziergänge allerdings genauso wenig gelockt, denn tatsächlich haben mich Geschichte und Literatur damals noch weniger interessiert. Käme ich heute noch einmal in die alte Heimat, wäre das anders – ich würde mit Begeisterung auf den Spuren von Friedrich Hölderlin zum Ulrichstein wandern, auf den Roßberg klettern oder mit Wilhelm Hauff zum Lichtenstein gehen und in die Nebelhöhle steigen. 

Obwohl Wolfgang Alber und Caroline Albers ihr Publikum auch mit in Richtung Kirchheim, auf die Teck, zur Burgruine Hohenstaufen bei Göppingen, nach Geislingen, Ulm und Sigmaringen nehmen und auch mit Manfred Mai im Winter durch Winterlingen spazieren – meine Favoriten sind auf der Alb rund um Reutlingen. Obwohl ich inzwischen an der holländischen Grenze im Selfkant wohne, sind meine Wurzeln dort. In Reutlingen wurde ich geboren, daher wurde ich die Beschreibungen der Wanderung von der Albstadt zur Burgruine Achalm ganz nostalgisch und auch das Kapitel „In der Zauberwerkstatt“, das die Leserschaft mit in den Pfullinger Klostergarten mitnimmt, machte mich sentimental. Wie oft war ich als Kind bei meiner Patentante „Im Klostergarten“? Schmunzeln musste ich über das Ernst-Jünger-Zitat „Nennen Sie Ihren Namen. Und was den Ort anbelangt, so ist das Jacke wie Hose, wo Sie sitzen. Haben Sie gute Sachen, so können Sie die in Pfullingen machen. Machen Sie in Pfullingen nichts, so könnten Sie auch in Berlin sitzen und würden nicht auffallen.“ 

So gar nicht zum Schmunzeln war das Kapitel über Grafeneck, vom barocken Lustschloss zum NS-Vernichtungszentrum, wo die Nazis 10.654 Menschen ermordeten. „Zuvor hatte man sie unter dem Begriff »lebensunwertes Leben« stigmatisiert und ausgesondert. Es war der Beginn des industriellen Massenmordes.“ Ein Kapitel, das heute wichtiger ist, denn je, denn nie wieder ist jetzt!

Ganz unabhängig davon, ob ich die Wanderungen in „Alb“ auf der Alb jemals tatsächlich wandern werde, habe ich das Buch sehr genossen. Die fantastischen Bilder und die ausführlichen Texte führten mich nicht nur auf die geografische Alb, sondern auch in meine Kindheit und näher zu meinen Wurzeln. Das Buch brachte mir Geografie und Geschichte meiner Heimat viel näher, als ich es mir hätte vorstellen können. Von mir fünf Sterne. 


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