Dienstag, 9. April 2019

Wo wir zu Hause sind - Maxim Leo


Ich gestehe, ich kannte den Namen Maxim Leo nicht – jetzt werde ich ihn wohl nie wieder vergessen. Von der ersten Seite an hat mich sein Buch gefesselt und ich habe es sicher nicht zum letzten Mal gelesen. Viel zu vielschichtig ist die Geschichte seiner Familie, in die er selbst wie ein Forscher eintaucht und den Leser mitnimmt.
„Wo wir zu Hause sind: Die Geschichte meiner verschwundenen Familie“ ist für mich eine in gekonnt gewählte Worte gefasste Chronik, eine Mischung aus Geschichte und Geschichten, Historie und Familien-Historie.
Leo recherchiert die Geschichte seiner teilweise jüdischen Familie ab 1933, aus eigenem Interesse, etwas über die Familie zu erfahren (und dadurch auch über sich selbst und seine Herkunft und damit auch seinen Kindern die Wurzeln zu zeigen), aber damit hat er auch ein mahnendes Dokument geschaffen, in Zeiten, in denen derselbe Rechtsruck und die zunehmende Radikalisierung spürbar ist und, da ein Teil der Familie in Großbritannien lebt, bleibt auch die Brexit-Problematik nicht außen vor.
Mich hat die Geschichte von Irmgard und Hans (Nina und Hanan) in Palästina sehr berührt. Aber am meisten beeindruckt hat mich André, der Sohn von Hilde und Fritz Fränkel, der mit seiner Mutter erst nach Frankreich und dann nach England ausgewandert ist. Auch die Schilderungen der Bücherverbrennung machte mich schaudern, vor Angst und vor allem aus meiner eigenen eher unrühmlichen Familiengeschichte heraus.
Maxim Leo bereist gemeinsam mit seinen Lesern Stationen, die seine Familie ebenfalls durchlaufen hat: Berlin, England, Frankreich, Österreich und Israel. Nimmt sein Publikum mit ins Kibbuz, ins Lager Gurs und nach Oxford. Man trifft auf hoch-intellektuelle Menschen  (ein Großteil seiner Verwandten waren/sind Juristen oder Naturwissenschaftler/Mediziner), die viel erlebt haben, viel erdulden mussten, aber oft auch ein Quäntchen mehr Glück hatten, als andere.
Der Begriff „Heimat“ bekommt in alldem eine sehr interessante Bedeutung, woraus auch der Leser eventuell etwas für sich selbst mitnehmen kann. Und, wie Maxim Leo selbst gestehen muss, muss eventuell auch der Leser sein Bild von „Exil“ und der „Flucht“ revidieren: es ist nicht immer nur dunkel und grau.
Maxim Leo schafft es, den Leser auf eine fesselnde, (be-)rührende Reise in seine Vergangenheit mitzunehmen, man bekommt das Gefühl, seine Verwandten gemeinsam mit ihm ein bisschen kennenlernen zu dürfen. Für mich ein ganz wundervolles Buch.

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