Ich gestehe, ich kannte den Namen Maxim Leo nicht – jetzt
werde ich ihn wohl nie wieder vergessen. Von der ersten Seite an hat mich sein
Buch gefesselt und ich habe es sicher nicht zum letzten Mal gelesen. Viel zu
vielschichtig ist die Geschichte seiner Familie, in die er selbst wie ein
Forscher eintaucht und den Leser mitnimmt.
„Wo wir zu Hause sind: Die Geschichte meiner verschwundenen
Familie“ ist für mich eine in gekonnt gewählte Worte gefasste Chronik, eine
Mischung aus Geschichte und Geschichten, Historie und Familien-Historie.
Leo recherchiert die Geschichte seiner teilweise jüdischen
Familie ab 1933, aus eigenem Interesse, etwas über die Familie zu erfahren (und
dadurch auch über sich selbst und seine Herkunft und damit auch seinen Kindern
die Wurzeln zu zeigen), aber damit hat er auch ein mahnendes Dokument
geschaffen, in Zeiten, in denen derselbe Rechtsruck und die zunehmende
Radikalisierung spürbar ist und, da ein Teil der Familie in Großbritannien
lebt, bleibt auch die Brexit-Problematik nicht außen vor.
Mich hat die Geschichte von Irmgard und Hans (Nina und
Hanan) in Palästina sehr berührt. Aber am meisten beeindruckt hat mich André,
der Sohn von Hilde und Fritz Fränkel, der mit seiner Mutter erst nach Frankreich
und dann nach England ausgewandert ist. Auch die Schilderungen der
Bücherverbrennung machte mich schaudern, vor Angst und vor allem aus meiner
eigenen eher unrühmlichen Familiengeschichte heraus.
Maxim Leo bereist gemeinsam mit seinen Lesern Stationen, die
seine Familie ebenfalls durchlaufen hat: Berlin, England, Frankreich,
Österreich und Israel. Nimmt sein Publikum mit ins Kibbuz, ins Lager Gurs und
nach Oxford. Man trifft auf hoch-intellektuelle Menschen (ein Großteil seiner Verwandten waren/sind
Juristen oder Naturwissenschaftler/Mediziner), die viel erlebt haben, viel
erdulden mussten, aber oft auch ein Quäntchen mehr Glück hatten, als andere.
Der Begriff „Heimat“ bekommt in alldem eine sehr
interessante Bedeutung, woraus auch der Leser eventuell etwas für sich selbst
mitnehmen kann. Und, wie Maxim Leo selbst gestehen muss, muss eventuell auch
der Leser sein Bild von „Exil“ und der „Flucht“ revidieren: es ist nicht immer
nur dunkel und grau.
Maxim Leo schafft es, den Leser auf eine fesselnde,
(be-)rührende Reise in seine Vergangenheit mitzunehmen, man bekommt das Gefühl,
seine Verwandten gemeinsam mit ihm ein bisschen kennenlernen zu dürfen. Für
mich ein ganz wundervolles Buch.
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