Freitag, 12. Juli 2019

Lass sie nicht in dein Haus - Adele Parks

Vermutlich haben wir das alle doch schon erlebt: in der Schule/im Studium die besten Freunde und dann trennt einen das Leben und man verliert sich schneller aus den Augen, als man es je für möglich gehalten hätte. Das passierte vor 17 Jahren auch Melanie und ihrer besten Freundin Abigail. Und in beider Leben ist inzwischen viel passiert. Melanie musste das Studium abbrechen, weil sie mit ihrem ersten Sohn Liam schwanger wurde, inzwischen ist sie mit Ben verheiratet und hat mit ihm zwei Töchter (Ben ist nicht der Vater von Liam, wer das ist, kristallisiert sich im Laufe des Buchs erst heraus). Abigail ist nach abgeschlossenem Studium mit ihrem Mann in die USA gezogen und erst durch die sozialen Medien finden die beiden einander wieder.

Abigail hat sich inzwischen von ihrem Mann getrennt und kommt zurück nach England.

Die Autorin schildert sehr gekonnt, wie rücksichtslos sich Abigail in Melanies beschauliches Leben drängt. Ein Leben, das sie eigentlich viel zu spießig findet und verachtet. Eigentlich ist ihr alles zu langweilig und zu bieder, vom Haus über Melanies Frisur bis hin zu ihren Klamotten. Und dennoch – Melanie und ihre Familie werden Abigail einfach nicht mehr los.

Psychologisch ist das Buch sehr interessant und gekonnt geschrieben, sprachlich ist es sehr angenehm zu lesen. Interessant finde ich auch die Verwandlung von Melanie, die verzweifelt versucht, ihre alte Freundschaft (die aus Sicht von Abigail allerdings nie so eng war, wie Melanie das zu glauben scheint) wieder aufleben zu lassen. Da wird aus der soliden Hausfrau kurzzeitig jemand, der Job, Familie und Haushalt vernachlässigt, um einen Teil der (durch die frühe Schwangerschaft) verlorenen „Jugend“ nachzuholen.

Allerdings ist „Lass sie nicht in dein Haus“ beileibe kein Thriller, sondern vielmehr ein Roman, der aber schon sehr früh erahnen lässt, was Abigail im Schilde führt. Bis auf ein paar Überraschungen plätschert die Geschichte daher über einige Längen hinweg, unterhaltsam auf jeden Fall, ab und an sogar spannend, aber sonst eher so farblos und bieder, wie die Autorin Melanie darstellt.

Wirkliche Sympathie konnte ich in der Geschichte für die beiden am besten beschriebenen Figuren nicht empfinden. Weder Melanie noch Abigail konnten bei mir punkten. Umso sympathischer fand ich Ben und Liam, den einen wegen seiner steten Bemühungen um Familienfrieden und den anderen wegen seiner Naivität.

Abzug ganz klar für die durch die Langatmigkeit ausgebremste Spannung und die Vorhersehbarkeit des Endes. Aber für die psychologische Raffinesse und die Tatsache, dass in der Geschichte kaum etwas wirklich so ist, wie es aussieht, von mir dennoch solide 3,5 Sterne.

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