Mittwoch, 24. Juli 2019

Ein irischer Todesfall - Pia O'Connell

„Ein irischer Todesfall“ von Pia O’Connell – rein vom Titel her könnte man einen Krimi erwarten oder einen Irland-Roman. In beiden Fällen wäre man vermutlich aber enttäuscht. Das Buch ist nicht spannend, nicht romantisch und nicht lustig. Es beschreibt die erste Zeit der dreiköpfigen Auswandererfamilie O’Shea nach Irland, im Rückblick, denn das Buch spielt 1994. Kaum auf der grünen Insel angekommen, stirbt Seáns Onkel, später wird gegen seine beiden Söhne wegen des Mordes an ihm ermittelt. Das ist das Haupt-Thema des Buchs, unterfüttert mit den ersten Eindrücken und Erlebnissen der Hauptfigur Elli, geborene Feuchtwanger.

Diese hat sich offensichtlich nicht wirklich über ihre neue Heimat informiert und auch mit der Sprache, vor allem dem örtlichen Dialekt, hat sie ihre Probleme, obwohl es sich um die Heimat ihres Mannes Seán handelt. So ist sie überrascht, dass das Haus, das ihr Mann angemietet hat, nur über Gas aus der Gasflasche verfügt und dass das Warmwasser über einen Boiler aufgeheizt wird. Und dann, ein Ärgernis für sie, das sich durch das komplette Buch zieht: in Irland trinkt man Instant-Kaffee mit (oh mein Gott!) Vollmilch statt Kaffeesahne. Oder man trinkt halt Tee.

Ich weiß nicht, inwieweit sich die Auswandererfahrungen mit denen der Autorin decken, aber für meinen Geschmack muss sie dem Leser viel zu deutlich zeigen, wie tief sie inzwischen in der Irischen Sprache und Kultur verwurzelt ist. Sie serviert dem Leser praktisch ständig englische Begriffe, ganze Sätze bleiben unübersetzt und sie setzt für meinen Geschmack auch viel zu viel Wissen voraus. Okay, ich spreche Englisch auf Muttersprachler-Niveau, ich bin nicht der durchschnittliche Leser. Und selbst ich fand es zum Teil störend, denn wenn ich einen englischen Roman lesen möchte, lese ich einen in der Originalfassung.

Co. ist die Abkürzung für County (die irischen Grafschaften), die Männer tragen „jerseys“ statt eines Oberteils (für das es im Deutschen nicht wirklich einen Namen gibt, da es weder Hemd, noch T-Shirt, noch Polohemd ist, sondern eine Mischung aus allem), Ellis Klamotten sind „casual“. Sie weiß, dass „schlackernde Oberarmlappen“ im Englischen „bingo wings“ heißen, der deutsche Begriff „Winkeärmchen“ ist ihr offensichtlich nicht geläufig. Da geht es zum „house hunting“ statt auf Haus- oder Wohnungssuche und es gibt einen Toten bei einem „hit and run accident“ statt bei einem Unfall mit Fahrerflucht. Dazwischen dann bayerische Ausdrücke, die vermutlich auch nicht jedem geläufig sind und man sich als Leser vermutlich erstmal erschließen muss. So „benzt“ der kleine Patrick, muss „bisi“ (statt vielleicht noch verständlicher „pieseln“ oder „pipi“) und hat eine „Zwistel“ (landläufig auch als Zwille oder Steinschleuder bekannt) und ihr Mann hat einen „Fetzenrausch im Gesicht“.

Dazu Fehler: Rechtschreibfehler, aber auch Sinnfehler und mal fehlt ein Verb. Außerdem ist „clotted cream“ keine Sahne im herkömmlichen Sinne.

Auch die Personen konnten mich nicht wirklich begeistern. Außer der Hauptfigur Elli und dem Sohn Patrick sind alle eher oberflächlich und blass beschrieben. Und wo Patrick ein sehr pflegeleichtes Kind zu sein scheint, das mit Lego und seinem Müllauto-Buch zufrieden ist, macht Elli einen eher unzufriedenen, ziemlich oberflächlichen, gehässigen und arroganten Eindruck. Sie hält ein bisschen zu viel von sich selbst, vor allem, da sie wohl im ganzen Ort die beste Figur hat. Alle anderen werden in „dicklich“, „fettleibig“ oder „Arsch wie ein Brauereipferd“ eingeteilt. Auf der anderen Seite ist sie sehr beleidigt, als der Metzger und andere sich hinter ihrem Rücken ein wenig über sie lustig machen, als sie die örtlichen Gepflogenheiten nicht kennt.

Bei mir sprang auf jeden Fall der Funke zu keinem Zeitpunkt über, mir fehlt für einen Krimi die Spannung, für einen Auswanderer-Roman der Lokalkolorit und die Beschreibung der charmanten Eigenheiten irischer Dorfbewohner. Auf Elli wirkt alles sehr heruntergekommen, altmodisch und proviziell, sie kann es kaum erwarten, in ein eigenes Haus zu ziehen, das kein grün gefliestes, „psychedelisch getuntes Bad“ hat und mancher Leser wird wohl froh sein, wenn nach 231 Seiten der Mordfall aufgeklärt ist.

Leider nur 2 Punkte.

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