Anfangs tat ich mich mit „Vaticanum“ von J. R. Dos Santos
zugegebenermaßen sehr schwer. Es waren für mich einfach viel zu viele
italienische Namen. Gut 200 Seiten plätscherte daher für mich die Geschichte so
vor sich hin. Ein bisschen Archäologie (die Suche nach dem Grab von Petrus),
ein bisschen Mystik (die Prophezeihung des Malachias) und ein bisschen mögliche
Korruption in den Mauern des Vatikan, die die französische Wirtschaftsprüferin
Catherine Rauch aufdecken soll. Aber
dann nahm die Geschichte mit der Entführung des Papstes durch eine
islamistische Gruppierung so richtig Fahrt auf, denn in der Welt bricht die
Hölle los.
Denn schlagartig findet der Archäologe Tomás Noronha sich samt
dem Leser in einer Geschichte voller Verschwörungen, Verstrickungen, Korruption
und Gewalt wieder. Die Entführer drohen, den Papst um Mitternacht zu köpfen und
plötzlich konnte ich das Buch, dessen 101 zum Teil sehr kurze Kapitel stets mit
einem Cliffhanger endeten, nicht mehr aus der Hand legen. Und die Prophezeiung
des Malachias sagt vorher, Franziskus werde der letzte Papst sein. Und hinter
alldem kann nur ein Verräter in den eigenen Reihen stecken. Aber ist es einer
der ermittelnden Polizisten, vielleicht sogar der mir äußerst unsympathische
Kommissar Trodela, der ständig mit Schimpfwörtern um sich schmeißt und flucht? Oder
einer der Bischöfe? Oder ist es gar die Wirtschaftsprüferin Catherine, die im
Auftrag des Papstes die Verstrickung der Vatikanbank mit der Mafia,
Veruntreuung von Spendengeldern und Geldwäsche untersucht?
Natürlich erinnert der Roman ein bisschen an Dan Browns
Iluminati. Und wie Dan Brown ergeht sich auch Dos Santos in sehr detaillierten
Beschreibungen und zum Teil langatmigen Ausführungen. Aber ganz abgesehen davon
hat er einen in der zweiten Hälfte sehr fesselnden, spannenden, aber auch
verstörend aktuellen und durchaus realistischen Thriller geschaffen. Man weiß
nicht genau, ist es ein Sachbuch, das mit einem Hauch Fiktion zum Thriller wird
oder ein Thriller angereichert mit einer großen Portion sauber recherchierter
Tatsachen. Denn tatsächlich ist die sogenannte Vatikanbank in Skandale
verstrickt, es fallen auch bekannte Namen wie „Black Rock“ und Berlusconi - die
Daten, auf die Dos Santos sich bezieht, sind absolut korrekt. Ebenso existieren
alle erwähnten Orte sowohl in geographischem, als auch in historischem Kontext.
Sprachlich ist das Buch leicht zu lesen, auch wenn die
vielen italienischen Schimpfwörter und Flüche nicht ganz meinen Geschmack
trafen. Der Autor (und der Übersetzer) versteht sein Handwerk, er kann mit
Worten umgehen und auch die Recherche liegt ihm. Kein Wunder, er ist
ausgebildeter Journalist.
Klare Lese-Empfehlung mit 5 von 5 Sternen.
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