Samstag, 14. September 2019

Austehen, Kilt richten, weiterkämpfen

Oberflächlich betrachtet ist das Buch von John McGurk ganz schnell zusammengefasst: die Lebensgeschichte von einem, der durch die Hölle ging, das Beste draus zu machen verstand, zu Gott fand und ein richtig guter Mensch wurde.

Wie gesagt: oberflächlich betrachtet. Aber natürlich steckt mehr dahinter.

John McGurk ist von Geburt Schotte, ein Glaswegian lad, also ein Sohn Glasgows. 1961, als er geboren wurde, war die Stadt völlig anders, als wir sie heute kennen. Sie war geprägt von Arbeitslosigkeit (die Schwerindustrie war auf dem absteigenden Ast), Armut und Kriminalität.

Er nimmt den Leser mit in die kleine Wohnung, in der acht Kinder sich drei Betten teilten, in die bedrückende Atmosphäre einer Familie, in der der Vater allzu oft betrunken ist und die überforderte Mutter regelmäßig schlägt. Man spürt hautnah die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, die John erst durch die Nichtachtung seines Vaters, später durch die Gewalt im Kinderheim erlebt.

Aber man wächst mit John ein bisschen mit, fühlt den Ehrgeiz, dem allem zu entkommen. Als er drohte, einen ähnlichen Weg wie sein Vater zu gehen (auch er hatte Phasen hohen Alkoholkonsums, rauchte zu viel), wollte ich ihn schütteln und anschreien: „Mach das nicht! Mach es besser!“

Ja, ich muss sagen, das Buch hat mich gepackt und tief berührt. Nicht mal so sehr, weil John jetzt mit seiner Stiftung so viel Gutes für Kinder tut, er für seine Arbeit ausgezeichnet wurde oder weil er zum Glauben gefunden hat. Eher, weil es zeigt, dass sich Engagement und Ehrgeiz lohnen und dass es meistens etwas gibt, wofür es sich zu leben und zu kämpfen lohnt. Und weil er, wie ich, ein Langstreckenläufer ist. John wuchs mit dem Gefühl auf, er sei allen egal. Er durfte das Gegenteil erleben. Nicht mehr – und nicht weniger.

Sprachlich ist das Buch das Werk von einem „aus dem Volk“, nicht von einem Schriftsteller geschrieben, sondern von einem Menschen, der eine Geschichte zu erzählen hat. Keine Meisterleistung, aber gut und flüssig zu lesen. Ich habe es an einem Tag durchgelesen und musste manche Träne verdrücken. Für mich eine ganz klare Lese-Empfehlung und 5 Punkte. Faigh spòrs leis.

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