Donnerstag, 12. März 2020

Abgefackelt - Michael Tsokos

Nachdem ich „Der Totenleser“ von Michael Tsokos gelesen hatte, habe ich mich sehr auf die Lektüre von „Abgefackelt“ gefreut – und wurde bitter enttäuscht. Zwar ist das Buch sicher bezüglich der medizinischen Aspekte fachlich korrekt geschrieben aber ich fand es zu keinem Zeitpunkt spannend, höchstens informativ. Aber ein lesenswerter Krimi war das Buch dadurch für mich nicht. Zugegeben, ich kenne den Vorgängerband „Abgeschlagen“ nicht, in dem der Gerichtsmediziner Paul Herzfeld schon die Hauptrolle spielt. Aber „Abgefackelt“ bezieht sich so oft und ausführlich darauf, dass ich mir die Lektüre getrost sparen kann.

Zum Inhalt kann ich ohne zu spoilern nicht allzu viel sagen. Ein paar Tote hier, ein paar Sektionen da, dazu ein paar Probleme mit Vorgesetzten und Ermittlungsbehörden und zu guter Letzt eine ganz große Portion Verschwörungstheorie – fertig ist der Krimi. Oder auch nicht. Denn irgendwie kam das Buch für mich zu keiner Zeit wirklich in Fahrt. Die Geschichte plätschert unrund und unspannend über gut zwei Drittel so dahin und im letzten Drittel, wenn es dann mal spannend wird, ist das Ende in Sicht und man fragt sich, was der Autor einem mit dem Ganzen eigentlich sagen will.

Hinsichtlich des medizinischen Aspekts ist das Buch hervorragend, da merkt man, dass ein Mediziner am Werk war. Die Beschreibungen von Leichen und Sektionen und die medizinischen Befunde sind ohne Fehl und Tadel, diese Abschnitte fand ich interessant, informativ und gut zu lesen, ich muss aber auch sagen, dass ich nicht fachfremd bin. Wer in der Materie weniger zu Hause ist als ich, hat damit vielleicht größere Probleme. Hinsichtlich des literarischen Aspekts wäre da noch sehr viel Luft nach oben gewesen.

Die Personen sind in dem Buch sehr blass beschrieben. Wirkliche Sympathie kann ich allerhöchstens für die IT-Spezialistin Sina Novak empfinden. Der Protagonist Dr. Paul Herzfeld konnte mein Herz auch nicht für sich gewinnen. Er hinterlässt bei mir einen schalen Beigeschmack, sein Auftreten ist ein bisschen nach dem Motto „Nicht alle Helden tragen Umhänge“ – nein, dieser Held trägt eine Plastikschürze. Keine Frage ist für ihn zu schwer, keine Aufgabe zu knifflig, als dass er sie nicht kompetent lösen könnte. Bei so viel Kompetenz bleibt das Menschliche für mich auf der Strecke, vor allem, da er seine Familie hintenanstellt und vernachlässigt. Vermutlich realistisch, aber dennoch sehr unsympathisch.

Die anderen Charaktere sind überwiegend entweder aufgeblasene, selbstherrliche und undurchschaubare Schwätzer. Und aufgeblasen kommt mir auch die Sprache vor. Die meisten Sätze sind so lang, dass man meinen könnte, der Autor werde pro Wort bezahlt. Leider hatte ich auch eigentlich schon beim allerersten Satz des 1. Kapitels genug von dem Buch. Der missfiel mir sprachlich so sehr, dass ich überlegt habe, überhaupt weiter zu lesen. Zu lang, zu konstruiert, zu weit ab vom Sprachgebrauch und fehlerhaft (man knotet beispielsweise nicht die Schürze zusammen, sondern die Schürzenbänder). Und so geht es durchgehend weiter. Die ohnehin dürftige Spannung wird durch fragwürdige Wortwahl und die sehr langen und komplizierten Sätze nicht aufgebaut, sondern zerredet und zerstört.

Der Inhalt ist sicher auch Wasser auf die Mühlen einiger Verschwörungstheoretiker. Die „Auflösung“ des Falls könnte eventuell für einige ein Beweis ihrer kruden und abstrusen Theorien sein. Schade, dass der Autor auf diesen Zug ins Nirgendwo aufgesprungen ist. Da fehlen mit eindeutig Studien, Forschungsergebnisse und schlüssige Beweise, die der Autor nicht liefert, vermutlich aber auch nicht liefern kann. Mit diesem Thema hat er sich meiner Meinung nach ein bisschen verrannt. Für die interessanten medizinischen Abschnitte von mir 2 Punkte.

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