Donnerstag, 12. März 2020

Mobbing Dick - Tom Zürcher

Sind wir nicht alle ein bisschen (wie) Dick?

Also ich konnte mich am Anfang des Buchs „Mobbing Dick“ von Tom Zürcher sehr gut wiedererkennen. Abgebrochenes Jurastudium, schwierige Familienverhältnisse, Probleme mit dem Abnabeln und Erwachsenwerden – wer kennt das nicht? Und am Anfang ist das Buch auch durch viel Sprachwitz und absurde Vergleiche sehr lustig zu lesen. Aber leider entwickelte sich das Buch anders, als ich es erwartet hätte. Es wird fies und bissig und am Schluss fand ich fast alle Beteiligten einfach nur unsympathisch.

Über die Geschichte an sich kann man nicht viel sagen ohne zu spoilern. Sie deckt einen kleinen Zeitraum im Leben von Dick Maier ab, die Zeit zwischen seinem Studienabbruch, dem Arbeitsbeginn bei der Bank und seinem kompletten Absturz.



Dick trägt diesen Vorname weil Dick Cheney für seine Mutter ein Held ist. Und das ist noch nicht das Seltsamste an Familie Maier, die in einem Genossenschafts-Reihenhaus lebt. Die Familie ist spießig und kleinbürgerlich. Sie wird dominiert vom Vater, dessen Meinung über allem steht. Nett ist, wen er nett findet, richtig ist, was er richtig findet. Gegessen wird pünktlich, das Unkraut wird gejätet und die Logik der Mutter über ihren Helden Dick Cheney ist so dümmlich-naiv wie bestechend: „Er ist hart und ehrgeizig, hat jedoch das Herz am rechten Fleck. Wie sonst hätte er fünf Bypass-Operationen überstehen können?“

Aus diesem Umfeld will Dick unbedingt raus, wird aber von der Familie aber kleingehalten (er muss zu Hause wohnen bleiben, da die Familie das Haus nur behalten darf, wenn mindestens drei Leute darin wohnen). In seinem Job zeigt er erst kaum Ehrgeiz (er vergisst beispielsweise ständig sein Passwort für den PC) und hat eigentlich auch keine Ahnung, was er da überhaupt tut. Allerdings ist sein großes Ziel, Prokurist zu werden. Bis zum großen Absturz verstrickt er sich nach allen Seiten in ein wildes Lügenkonstrukt, vor allem über seinen beruflichen Erfolg.

Anfangs kommt das Buch sehr lustig daher, aber dann kippt die Stimmung und der naive, unbedarfte Dick findet sich selbst in einem hässlichen Spiel von Mobbing, Skrupellosigkeit, Lügen, geheuchelter Loyalität und falscher Freundschaft wieder. Zuerst als Spielball für andere, dann als sein alter Ego Mobbing Dick als Täter.

Psychologisch interessant zwar, aber insgesamt fand ich das Buch extrem schwierig zu lesen. Der Autor verwendet keine Anführungszeichen für die wörtliche Rede und das Buch besteht praktisch nur aus Dialogen, fiktiven Dialogen und den Gedankengängen von Dick. Ein bisschen Psychogramm (das Verlangen, sich mit Essen zu trösten, Selbstverletzung, Geltungssucht, toxische Familienverhältnisse), ein bisschen Kapitalismus- und Gesellschaftskritik – aber alles in allem nichts Ganzes und nichts Halbes, gekrönt von einem völlig skurrilen und absurden Schluss. Ein Buch, das sich aufgrund der einfachen Sprache sehr flott durchlesen lässt, aber keinen nennenswerten Eindruck hinterlässt. Die Personen sind eher zwischen den Zeilen beschrieben, als offensichtlich und auch dann erfährt man vor allem etwas über ihren Charakter und ihre Eigenheiten, Aussehen oder Alter spielen in dem Buch praktisch keine Rolle. Anfangs durch den Sprachwitz noch ein bisschen lustig dann einfach nur absurd, fand ich das Buch nicht gut aber auch nicht völlig schlecht. Die Idee fand ich klasse, die Umsetzung mangelhaft und daher kann ich es mit sehr großen Einschränkungen empfehlen und gebe 2 Punkte.

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