Montag, 4. Januar 2021

Der Spiegelmann - Lars Kepler

Endlich ein neuer Joona-Linna-Thriller! Mit „Der Spiegelmann“ haben Lars Kepler (dahinter verbirgt sich ja bekanntlich ein Autoren-Duo) den achten Teil der Serie veröffentlicht und reißen ihre Leser mit in einen Strudel aus Gewalt, Brutalität und Mord.

Fünf Jahre nach ihrem Verschwinden, wird die Schülerin Jenny Lind erhängt auf einem Spielplatz aufgefunden. Joona Linna beginnt er mit seinen Ermittlungen und findet mehr zufällig (wenn man bei Joona Linna überhaupt irgendwas zufällig ist) eine Auffälligkeit an der Leiche. Zwar bietet sich mit einem psychisch kranken Zeugen auch direkt ein potenzieller Täter an, aber Linna erkennt schnell: so einfach, wie es aussieht, ist an diesem Fall rein gar nichts. Näher möchte ich auf die Handlung gar nicht eingehen, denn sie ist sehr komplex und rasant erzählt. Aber eines ist klar: in Brutalität, Vielschichtigkeit und Verwirrung steht auch dieser Band den Vorgängern aus der Serie in nichts nach.

Der Thriller spielt in drei verschiedenen Handlungssträngen, die erst sehr spät zu einem Ganzen verflochten werden. Er fängt spannend an, geht spannend weiter und endet mit einem (für mich nicht ganz) überraschenden Schluss – und natürlich dem unvermeidlichen Cliffhanger und dem kleinen Ausblick auf das, was einen in Band 9 so erwarten könnte. Zwischendrin hat das Buch allerdings ein paar eher gemächliche Passagen, in denen der Leser bei so viel rasanter Spannung und Brutalität etwas zu Atem kommen kann. Das ist meiner Meinung nach bei den sehr detailliert beschriebenen Gewalttaten auch nötig, denn die sind nichts für schwache Nerven und sensible Mägen. Manche waren selbst mir zu brutal und ich bin als eingefleischter Krimileser wirklich einiges gewohnt.

Interessant fand ich die (eventuell gar nicht beabsichtigte) Namensähnlichkeit des ersten Opfers Jenny Lind mit der jungen Cecilia Lind aus Cornelis Vreeswijks „Balladen om Fredrik Åkare“. Seltsam falsch ist der Begriff „Adlernest“ (schwedisch: örnbo) – es heißt auf Deutsch korrekt „Adlerhorst“. Schade auch, dass der Rechtsmediziner in der Übersetzung „Åhlén“ heißt und der „Sprachwitz“, dass er „Nålen“ (die Nadel) genannt wird, verloren geht. Selbst in der englischen Übersetzung wird dieser mit „the needle“ aufgegriffen. Auch sind Oberarme nicht „muskulär“, sondern muskulös und die Pulsader am Hals heißt Halsschlagader. Alles in allem hat das Buch ein paar Schwächen, einige davon liegen in der Übersetzung, andere in der Recherche der Autoren, worauf ich allerdings nicht näher eingehen kann, ohne zu spoilern. Allerdings muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass da sehr vieles viel zu pauschal abgearbeitet wird und auch fachlich auf dem Gebiet der Psychologie und Medizin nicht alles ganz korrekt ist.

Der Spannungsbogen ist konstant hoch, die Geschichte packend und rasant erzählt. Obwohl es schon der achte Band der Serie ist, konnte man ihn auch problemlos einzeln verstehen, selbst das Zerwürfnis zwischen Joona Linna und seiner Tochter Lumi, das aus dem vorhergehenden Teil stammt, wird hinreichend erklärt. Gefreut habe ich mich über ein Wiedersehen mit dem „Hypnotiseur“ Erik Maria Bark. Bei aller Spannung waren manche Szenen allerdings eher widerlich-brutal und man hätte sie ohne Verlust innerhalb des Plots auch weglassen können. Aber auch das bin ich von Lars Kepler gewohnt. Ebenso die manchmal nervige, fast übermenschliche Ermittlungsgenialität von Joona Linna.

Der Thriller ist eine klare Lese-Empfehlung für alle Fans des Autoren-Duos und alle, denen brutalste Folter-, Missbrauchs- und Tötungsszenen nichts ausmachen. Ich freue mich auf Band 9, überlege aber, ihn im Original zu lesen. Abzüglich eines Übersetzungs-Sterns vergebe ich 4 Sterne.

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