Mittwoch, 6. Januar 2021

Ihr Königreich - Jo Nesbø

Zugegeben, „Ihr Königreich“ war mein erstes Buch von Jo Nesbø, vermutlich aber auch mein letztes, denn so wirklich warm konnte ich damit nicht werden. Dabei ist es an sich gar kein schlechtes Buch. Ich musste aber immer mal wieder aufs Titelblatt schauen, ob es sich tatsächlich um einen Krimi handeln soll, denn über weite Strecken ist das Buch ein (gut geschriebener und nett zu lesender) Familienroman, bestenfalls ein Drama in sieben Akten. Zwar ist latent beim Lesen ein stetig ungutes Gefühl spürbar, wie eine omnipräsente dunkle Wolke, die über dem Berghof der Brüder (ihrem Königreich) und dem nahen Abgrund zu schweben scheint, aber wirklich Spannung konnte ich wenig feststellen. Abgebrochen habe ich das Buch allerdings auch nicht, für mich war es wie ein Verkehrsunfall – eigentlich wollte ich es weglegen, aber so wirklich losreißen konnte ich mich dann doch nicht davon, zu groß war meine Neugier, ob der Autor die Kurve zu einem spannenden Buch doch noch bekommt..

Die Geschichte ist vielschichtig und eigentlich nicht uninteressant. Roy (der auch der ich-Erzähler ist) und Carl wachsen auf einem abgelegenen Hof in Norwegen auf, der Vater ist streng und will sie zu „echten Männern“ erziehen, die Mutter eher Typ „Heimchen am Herd“. Beide Eltern kommen bei einem Unfall ums Leben, Carl geht in die USA um zu studieren und Roy bleibt im elterlichen Hof wohnen. 15 Jahre später kommt Carl mit großen Plänen und einer Frau zurück und die gemeinsame Vergangenheit beginnt, die beiden einzuholen.

Kurz gesagt: so richtig in Fahrt kam das Buch für mich nicht, richtige Spannung kam kaum oder nur zögerlich auf. Stilistisch fand ich das Buch gut zu lesen und es ist flüssig geschrieben, wenn auch etwas lang(atmig). Die verschiedenen Zeit-Ebenen, auf denen die Handlung spielt, sind gut erkennbar abgegrenzt. Auch das Familiendrama war an sich gut konstruiert. Dennoch las das Buch sich für mich sehr zäh und war für mich absolut kein Page-Turner. Auch die problematische Persönlichkeit von Roy, dem Ich-Erzähler fand ich schwierig, denn er löst seine Probleme im Endeffekt immer auf dieselbe Art und Weise („Ich schlage auf Leute ein“).

Die Haupt-Charaktere fand ich ganz gut ausgearbeitet und durch die vielen Einblicke in ihr Leben und ihre Persönlichkeiten anschaulich beschrieben, wenn auch nicht sehr sympathisch. Das Buch hätte thematisch sehr viel Potenzial geboten: Leben in der Einöde, problematische Familienverhältnisse mit dunklen Geheimnissen, Loyalität, Schuldgefühle und Mord, um nur ein paar der Punkte zu nennen, die der Autor versucht, zu einem stimmigen Ganzen zu verknüpfen.

Gut, gegen Ende kommt etwas Spannung auf, aber von einem Spannungsbogen kann man bei dem Buch nicht wirklich sprechen, schon gar nicht von einem hohen. Meine Erwartungen an den hochgepriesenen Jo Nesbø waren andere und die wurden enttäuscht. Es ist kein wirklich schlechtes Buch, aber das Genre hat es definitiv verfehlt. Es ist absolut kein Krimi, sondern vielmehr eine Mischung aus Familiendrama und Milieustudie mit Einblick in das Leben in einem kleinen Dorf in der Einöde, gepaart mit unrealistischen Plot-Twists. Das Durchbeißen bis zum Ende hat sich für mich nicht wirklich gelohnt. Von mir daher 2 Sterne.

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