Donnerstag, 18. Februar 2021

Schublade auf, Schublade zu - Dr. Jens Förster

„Wie gelingt der Blick hinter unsere Vorurteile?“, was sind Vorurteile überhaupt und wie entstehen sie? – das sind nur ein paar der Themen, die Dr. Jens Förster in seinem Buch „Schublade auf, Schublade zu. Die verheerende Macht der Vorurteile“, erörtert. Herausgekommen ist bei dieser Mammut-Aufgabe ein Buch, das den Spagat zwischen Unterhaltung und Sachbuch hervorragend meistert.

Als roter Faden durch das Buch ziehen sich Gespräche mit einer Außerirdischen, die er WRX nennt, ihr erklärt er das schwierige Thema fast kindgerecht, fundiert und anschaulich, manchmal sogar lustig. So kann eigentlich jeder Begrifflichkeiten wie Vorurteile, Diskriminierung und Stereotype verstehen. Zwar hatte ich manchmal angesichts der Komplexität des Themas das Gefühl, der Autor verzettele sich etwas, aber dank WRX schafft er es immer wieder, zurück zum Thema zu finden.

Er streift Grundlagen der Sozialpsychologie, schreibt über Schubladendenken und Fettnäpfchen, Gruppen und Blasen, die Rolle von Comedians beim Gebrauch von Stereotypen, klassischen und modernen Rassismus, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und Frauenquoten in der Berufswelt, und natürlich darf auch Homo- und Transphobie nicht fehlen. Und er erklärt immer wieder, wie es dazu kommen kann, dass diese Denkweisen entstehen und wieso sie sich so hartnäckig am Leben halten.

„Wir alle teilen Vorurteile, schützen kann sich davor niemand“ – mit dieser Aussage hat Förster sicher Recht. Leider. Denn vermutlich hat jeder, wenn auch unbewusst, gewisse Vorurteile. Und ein Buch wie dieses kann sicherlich aufrütteln und dabei helfen, das eigene Denken und Handeln zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern. Heute, in Zeiten von Corona, #blacklivesmatter und dem widerkehrenden Faschismus in allen möglichen Ländern weltweit, ist ein Umdenken und eine Abkehr von reinem „schwarz-weiß-Denken“ wichtiger denn je. Denn, so wie wir nicht in Schubladen gesteckt werden möchten, sollten wir auch keine anderen in ebensolche packen, denn aus diesen wieder herauszukommen ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich..

Stilistisch fand ich das Buch unterhaltsam und dennoch lehrreich und informativ geschrieben, oft ernst und sachlich, sehr oft aber auch launig und mit Augenzwinkern. Vieles vom Inhalt kannte ich schon, einiges war mir aber in dieser Form nicht bewusst. Die vielen anschaulichen Beispiele, die der Autor zu jedem Thema anführt, machen das Buch sehr lebendig und es ist niemals trocken zu lesen, auch beschreibt er meistens eher, als dass er den mahnenden Zeigefinger erhebt. Ob bei Quoten in der Wirtschaft oder der Homophobie der Kirchen – er ist immer nur aufklärend, nie belehrend oder gar verurteilend.

WRX hat am Schluss des Buchs viel dazu gelernt und ich auch. Eine ganz klare Lese-Empfehlung und von mir 5 Sterne.

P. S. Eines ist mir allerdings bei der Lektüre aufgefallen, zum einen schreibt er „Antidiskriminierungsverbote sind damit keine willkürlichen Spinnereien irgendwelcher Gutmenschen“ – das ist vermutlich ein Fehler, warum sollte ANTIdiskriminierung denn verboten werden?

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