Mittwoch, 10. März 2021

Inspector Swanson und die Bibliothek des Todes - Robert C. Marley

„Inspector Swanson und die Bibliothek des Todes“ von Robert C. Marley ist ein Buch, das mich sehr zwiegespalten zurücklässt. Einerseits hat der Autor die Atmosphäre der ehrwürdigen Bodleian Library (Bibliothek der Universitäten von Oxford) sehr gut eingefangen, das Viktorianische England des Jahres 1895 ist auch greifbar gut beschrieben, ich bin ein großer Fan von Oscar Wilde (um den sollte es schließlich auch gehen) und dennoch konnte mich das Buch als Krimi nicht begeistern.

Die Krimi-Handlung ist schnell erzählt: der unsympathische Literaturprofessor Alistair Hargraves liegt mit einer Statue erschlagen in der Bibliothek. Sowas kennt inzwischen fast jedes Kind vom Cluedo-Brettspiel. Eine kleine Reihe Verdächtiger, darunter ein Hobby-Ermittler samt Verlobten und Mündel und eine junge Bibliotheksangestellte. Und wirklich spannender wird das Ganze auch nicht mehr.

Parallel zu den vor sich hin plätschernden Ermittlungen flicht der Autor episodenhaft Oscars Wildes Kampf um seiner Ehre ein, die wegen seiner Sodomie (veraltet für Homosexualität) auf dem Spiel steht. Verflochten werden diese „Einsprengel“ über den Schriftsteller dadurch, dass er sowohl mit dem Hobby-Ermittler Frederick Greenland, dessen Verlobter Louisa und auch mit Inspector Swanson befreundet ist. Dadurch tritt der Inspector im Lauf des Buchs schon früher in Erscheinung, obwohl er in die Ermittlungen erst ziemlich spät eingreift. Wer sich schon einmal mit Oscar Wilde befasst hat, weiß das meiste davon ohnehin und für das Buch bringen diese Passagen nicht wirklich einen Mehrwert, sie haben so gut wie nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun.

Der Stil des Buchs machte mir ziemlich zu schaffen. Die Sprache ist für mich nichts Halbes und nichts Ganzes, sie wirkte für mich eher „auf alt getrimmt“, denn authentisch. Dazu bedient de Autor einige Klischees, so ist die junge Irin Miss Hill selbstverständlich rothaarig, hat blaue Augen und ist mittellos, aber bildhübsch und alle Männer liegen ihr zu Füßen. Und auch bei der Namenswahl für seine Charaktere gibt es Parallelen zu den Werken anderer Schriftsteller: „Badger“ ist der Spitzname von Billy Bob, dem Ziehsohn von Frederick Greenland, Ähnlichkeiten zu „the Artful Dodger“ aus Charles Dickens‘ „Oliver Twist“ sind vermutlich ebenso wenig zufällig wie beim Namen des Antiquars Mr. Hobbs, der an den Gemischtwarenhändler aus „Der kleine Lord“ von Lucy Maud Montgomery erinnert.

Die Charaktere sind zwar gut beschrieben, wenn ich sie auch im Großen und Ganzen nicht sympathisch fand. Das Buch ist der siebte Teil der Reihe um Inspector Swanson, für mich bleibt es sicher der einzige, den ich lesen werde. Vorkenntnisse aus den anderen Teilen sind nicht zwingend für das Verständnis nötig, wenn man allerdings wissen möchte, wie der ehemalige Straßenjunge und Taschendieb Badger und der Lebemann und Privatier Frederick zueinander gefunden haben, muss man wohl die anderen Teile auch lesen.

Insgesamt passen der Stil des Autors und ich nicht zusammen. Aber ich tue mich mit deutschsprachigen Autoren mit englischem Pseudonym zugegebenermaßen schwer, vor allem, wenn sie Dinge erklären wie „»Hill«, sagte sie und knickste erneut. »Miss Siobhán Hill.« Sie sprach den Vornamen wie Schiewon aus.“ Ja, natürlich, wie denn sonst? „Schiwan“? – dann wäre es die irische Aussprache. Was will der Autor damit bezwecken? Zeigen, wie gut er sich mit gälischen Vornamen auskennt? Man weiß es nicht.

Das Buch ist unterhaltsam, mehr nicht, noch nicht einmal wirklich spannend. Es ist, wie der Autor Oscar Wilde sagen lässt „»Conan Doyle erzählt immer Geschichten, Freddy. Und die meisten davon sind so flach wie eine Flunder.«“ – das trifft für mich auch auf dieses Buch zu. Den Ansatz fand ich gut, die Ausführung mangelhaft. Von mir für den meiner Meinung nach misslungenen Versuch, einen Krimi mit historischen Fakten und Fiktion zu verknüpfen und dabei Moral und Welt- und Frauenbild des viktorianischen Englands darzustellen, 2,5 Sterne, aufgerundet drei.

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