„Wir arbeiten alle wie verrückt, aber das liegt daran, dass wir unsere Jobs so leidenschaftlich lieben.“ – so könnte man laut „Keine Regeln. Warum Netflix so erfolgreich ist“ von Reed Hastings und Erin Meyer die Firmenphilosophie von Netflix zusammenfassen. Alle lieben ihren Job, alle lieben die Firma und daher tun alle ihr Möglichstes, um die Firma erfolgreich zu machen. Ob dies so stimmt, beleuchtet das Buch von zwei Seiten. Die Autoren sind Reed Hastings, Mitbegründer und Mit-CEO von Netflix und Erin Meyer, Professorin an einer privaten Wirtschaftshochschule.
Das
Buch ist eine Mischung aus Biografie des Firmengründers Reed Hastings und der
Geschichte von Netflix vom online DVD-Verleih zur heutigen Streaming-Plattform.
Die einzige Regel im Unternehmen ist, dass es keine Regeln gibt. Es gibt keine
innerbetrieblichen Hierarchien und Urlaub kann jeder nehmen, wann er möchte,
ebenfalls sind die Arbeitszeiten nicht starr geregelt und alles läuft, solange
die Ergebnisse stimmen. Es liest sich wie eine glückliche große Familie, eine
Utopie, in der alles auf Ehrlichkeit und Loyalität fußt. Das ist die Seite, die
Reed Hastings in dem Buch beschreibt.
Die
„Gegenseite“ vertritt Erin Meyer, die das System zum Teil kritischer sieht und
ihre Kritikpunkte direkt neben den Texten von Reed Hastings klar darlegt. Denn
wo viel Licht ist, kann auch viel Schatten sein. So toll ein System ohne Regeln
und ohne Hierarchie klingt, so traumhaft sich flexible Arbeitszeiten und –orte
anhören und wie schön es wäre, in einer Firma sein Feedback ohne Angst abgeben
zu können – auch bei Netflix gibt es Schattenseiten. Denn trotz aller Freiheit
erwartet natürlich auch Reed Hastings von seinen Angestellten Höchstleistungen und
den bedingungslosen Einsatz aller, schlicht „Großartiges“. Wer damit nicht
konform geht, ist raus, wenn auch mit guter Abfindung. Und vermutlich gibt es
auch in dieser „heilen Familie“ Probleme, denn zu viel Freiheit kann schnell
ausgenutzt werden, zu viel ehrliches Feedback kann schnell zum Streitpunkt
werden und Strukturen ohne Hierarchie haben sich in der Vergangenheit selten
bewährt.
Insgesamt
ist es für mich ein interessantes Buch, das mit Vorsicht gelesen und kritisch
betrachtet werden sollte. Es ist gut und flüssig geschrieben, manchmal kam ich
mir aber ein bisschen vor wie in einer Mischung aus einem „positive
thinking“-Seminar, einem Selbstoptimierungs-Workshop und einer Predigt in einer
(pseudo) religiösen Vereinigung. Alles in allem fand ich es nett zu lesen,
manche Anregung ist sicher auch gut und praktikabel, also ist es insgesamt kein
schlechtes Buch, aber sicher auch keine „Wirtschafts-Bibel“ mit Weisheiten, die immer und überall passen.
Von mir daher 3 Sterne.
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