Montag, 3. Mai 2021

Beautiful Things - Hunter Biden

„Where’s Hunter?“ („Wo ist Hunter“) war ein Bestandteil von Donald Trumps Präsidentschaftswahlkampf. Spätestens seither ist der Name Hunter Biden auch außerhalb der USA bekannt. Mit diesem Slogan versuchte Trump seinen Konkurrenten Joe Biden zu diskreditieren, indem er nicht müde wurde, die Korruption der Familie zu betonen. Wo Hunter war (und ist), erzählt er in seinem Buch „Beautiful Things“. Er war zu dem Zeitpunkt nämlich auf der Suche nach Alkohol, Crack und sich selbst.

„Beautiful Things“ ist ein Ausdruck, der sich durch die Biografie von Hunter Biden zieht. Der Spitzname seines Bruders war Beau und die Suche nach „schönen Dingen“ war für die beiden eine Art „Geheimnis“ im Leben. Hunter Biden erzählt in seinem Buch seine Geschichte. Schonungslos ehrlich geht er mit sich selbst ins Gericht – fast ausnahmslos alle anderen stellt er in seinem Buch erheblich besser dar, als sich selbst. Denn niemand hat Hunter Biden im Leben so hart herausgefordert und so sehr geschadet, wie er sich selbst. Wenn man dem Buch glauben darf, dann war er immer sein größter Gegner und sein schlimmster Feind.

Im Gegenzug schreibt er unfassbar liebevoll und berührend über seine Familie, angefangen von seiner Mutter und seiner Schwester, die bei einem Autounfall getötet wurden, als er vier Jahre alt war. Der enge Zusammenhalt innerhalb der Familie ist beeindruckend, vor allem das Band zwischen ihm und seinem Bruder Beau. So ist es nicht verwunderlich, dass dessen Tod 2015 Hunter Biden vollends aus der Bahn warf. Das Buch ist voller Liebe und Wärme, Drogen und Alkohol. Ein Schicksal von vielen, mit der Ausnahme, dass Hunter Bidens Vater inzwischen Präsident der Vereinigten Staaten ist. Ein Beispiel dafür, dass so etwas in jeder Familie vorkommen kann. Ein Beispiel dafür, dass gesellschaftlicher Status einen nicht vor einem Absturz schützen kann. Und ein Beispiel dafür, dass eine Familie ein beschützendes Netz sein kann, das auch den gefallenen und Verlorenen Sohn auffangen kann. Und es ist ein Beispiel dafür, dass auch die stärksten Familienbande, das größte finanzielle Polster und das intakteste Umfeld nur so gut sein können, wie der Wille des Abhängigen. Mit seiner Willensstärke und seiner Motivation steht und fällt der Erfolg eines Entzugs.

Politik und Präsidentschaftswahlkampf sind ein Thema im Buch, ebenso natürlich die Korruptionsvorwürfe, die Donald Trump erhoben hat. Er „würde es heute nicht mehr so machen“, sagte Hunter Biden in der Sendung von Jimmy Kimmel. Aber im Endeffekt kreierte dieser Job das zuverlässige Einkommen, mit dem er in seiner dunkelsten Zeit seine Sucht lange finanzieren konnte, ohne wirklich arbeiten gehen zu müssen.

„Beautiful Things“ ist die Autobiografie eines Mannes, der eigentlich noch mitten im Leben steht. Eine Abrechnung mit sich selbst, eine Liebeserklärung an seine Familie und ein wirklich berührendes Buch. Aber? Ja, es gibt auch ein Aber. Es ist für mich das Buch eines charakterlich eher unreifen und schwachen Menschen. Denn viele Menschen verlieren geliebte Angehörige und flüchten sich nicht in die Sucht. Viele Menschen sind süchtig und haben niemanden, der sie vor sich selbst schützt. An manchen Stellen hatte ich das Gefühl, Hunter Biden ist ein Feigling und wartet immer darauf, dass jemand kommt und ihn rettet, dass ihm jemand die Hand auflegt und ihn gesund und abstinent macht. Aber das Leben funktioniert nicht so, denn es ist nichts für Feiglinge und nichts für Faulpelze. So geläutert er inzwischen klingt, manchmal hatte ich das Gefühl, er ruht sich auf den Privilegien aus, die ihm sein Name bietet. Unabhängig von der politischen Komponente, nur als Autobiografie eines Süchtigen betrachtet, vergebe ich vier Sterne.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.