Donnerstag, 27. Mai 2021

Die Kinder hören Pink Floyd - Alexander Gorkow

Der Roman „Die Kinder hören Pink Floyd“ von Alexander Gorkow ist ein eher kurzes und autobiografisch aufgebautes Buch aus der Kindheit des Autors. Ich mag Pink Floyd nicht zuletzt, weil ein Bekannter von mir eine Pink-Floyd-Hommage inszeniert hat, daher bin ich auf das an das Album „Dark Side of the Moon“ erinnernde Cover direkt angesprungen. Und mit „Wish you were here“ in der Endlosschleife habe ich versucht, mich auf das Buch einzustimmen – vergeblich. Am Ende der nicht mal ganz 200 Seiten bleibt für mich von dem Buch nur ein großes Fragezeichen: Was will mir der Künstler damit sagen?

Alexander Gorkow ist Jahrgang 1966, seine Schwester war sechs Jahre älter. Als er etwa zehn Jahre alt war (das Buch handelt von der Zeit kurz vor dem Übertritt aufs Gymnasium), hatte sie einen großen Einfluss auf ihn, musikalisch, aber auch (pseudo) politisch und bezüglich seiner Persönlichkeitsentwicklung. Sie, die das ganze Buch über nur „die Schwester“ genannt wird, gehört der Boomer-Generation an, hat einen Contergan-bedingten Herzfehler, der sie immer wieder zu Klinikaufenthalten zwingt, und sie kennt sich aus. Eingekeilt zwischen Tagesschau, ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck und Heino, probt sie einen pseudointellektuellen Kampf gegen das Establishment. Sie weiß über Dinge Bescheid, von denen der kleine Alexander so gar keine Ahnung hat und die er in seiner kindlichen Naivität manchmal auch falsch versteht.

Die Schwester ist für mich die heimliche Protagonistin des Buchs. Sie weiß, was Sozialismus, Faschismus und Nazis sind, hat den Durchblick in der (spieß)bürgerlichen Gesellschaft der Düsseldorfer Vorstadt und natürlich kennt sie sich mit Zwischenmenschlichem und Musik aus, besonders natürlich mit Pink Floyd. Dagegen besteht Alexanders Leben aus Schule (Casala-Tischen und seinem Freund Hubi mit Trisomie 21, der lieber Demis Russos als Pink Floyd mag), seinem Qualitätsrad, der Therapie gegen sein Stottern, Tagträumen und dem, was seine Schwester ihm nahezubringen versucht: Musik und Kampf gegen das Establishment.

Manche Abschnitte erinnerten mich beim Lesen an aktuelle Verschwörungstheorien, wenn man das Wort „Establishment“ durch „Eliten“ ersetzt, dann bekommt die Aussage, dass die „Mothers of Invention“ Kinder im Einkochtopf weichkochen, um eine „Kinderbrühe“ herzustellen, einen ganz seltsamen Unterton. Das Establishment ist für den kleinen Alexander eine Ansammlung von Monstern, denn mit dem abstrakten Begriff an sich kann er nichts anfangen. Andere Passagen sind sehr skurril und erinnern eher an Loriot. „Willst du mit dem Papi sprühen“, eine Frage, bei der der Vater sich selbst in der dritten Person nennt, fühlte ich mich beispielsweise wie bei „Weihnachten bei den Hoppenstedts“.


Vielleicht bin ich mit Jahrgang 1977 zu jung für dieses Buch, aber ich kann nicht sagen, dass es mich in irgendeiner Weise begeistern konnte. Zwar mag ich die Musik von Pink Floyd, aber irgendwie kam die mir in dem Buch trotz allem zu kurz. Ich fand das Buch nicht wirklich witzig, die Sprache gewöhnungsbedürftig und manchmal las es sich für mich eher verbittert und zynisch als spaßig. Alles in allem fehlte mir auch der rote Faden. Nur die stete Wiederkehr des Films „Nacht der reitenden Leichen“ und die Tatsache, dass Alexander immer wieder auf sein Stottern angesprochen wird, sind sich konstant wiederholende Elemente. Abgesehen davon bleibt nur eine eher unzusammenhängende Aneinanderreihung von Episoden aus einer kurzen Zeit im Leben eines Zehnjährigen, ein Buch, das nicht wirklich vorankommt und mich eher ein Stillleben erinnert, als an einen Kurzfilm. Bei mir kam dabei nicht einmal ein nostalgisches Gefühl auf. Für mich ist das Buch ein ebenso zahnloser Tiger wie der Kampf der Schwester gegen das Establishment – nett und zahm, mehr aber auch nicht. Der Epilog, in dem der Autor von seinem Treffen mit Roger Waters erzählt, der Entthronung eines (ehemaligen) Helden, kann für mich das Buch auch nicht retten. Von mir zwei Sterne.

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