Samstag, 5. Juni 2021

Der Himmel ist hier weiter als anderswo - Valerie Pauling

Herz-Schmerz-Tragik-Liebesgeschichten sind eigentlich nicht mein Lieblingsgenre, aber der Klappentext von Valerie Paulings Roman „Der Himmel ist hier weiter als anderswo“ hat mich trotzdem sehr stark angesprochen. Und ich muss sagen, dass das Buch mich zwar nicht 100 prozentig begeistert, aber dennoch sehr berührt und gut unterhalten hat.

Nach dem Tod ihres Mannes Jan steht Felicitas, genannt Fee, mit den vier gemeinsamen Kindern, im Alter zwischen knapp 16 und knapp sechs Jahren, alleine da. Zudem hat Jans Tod sie dahingehend traumatisiert, dass sie ihren Beruf als Geigerin und Musiklehrerin nicht mehr richtig ausüben kann: als er starb, stand sie auf der Bühne – Schuldgefühle lähmen sie und sie hat danach nie wieder Geige gespielt. Als ihr ihre Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt wird und sie auch noch ihren Job verliert, kauft sie kurzerhand einen alten Gasthof im Alten Land und sie ziehen um.

Was nun folgt, ist aus unzähligen anderen Büchern bekannt und ganz sicher hat die Autorin damit das Rad nicht neu erfunden. Aber sie beschreibt das neue Leben der Familie sehr anschaulich und berührend – natürlich ist der Gasthof maroder als erwartet, natürlich haben die Kinder ihre Probleme mit dem Leben auf dem Land und ebenso natürlich gibt es in Fees Leben Männer, die sich für sie interessieren. Ein paar Ideen zur Finanzierung des Lebensunterhalts, eine Prise schwierige Kinder, ein Hauch Pubertät (oder wie die Autorin schreibt: Adoleszenz) und fertig ist der Roman. Kitschig und völlig plakativ? Ja, sicher. Romantisch? Absolut. Schön zu lesen? Selbstverständlich.

Die Sprache, derer sich die Autorin bedient, ist für mich ebenso wechselhaft, wie Fees Leben. Mal einfach und schlicht, mal eher abgehoben und kompliziert. Und ebenso mäandert sich Fee durchs Leben, vor allem in Bezug auf die Kinder hin- und hergerissen zwischen Laissez-faire und Autorität, sie eckt überall an, ist überfordert, traurig und weiß nicht so wirklich, wohin mit sich selbst. So realistisch das sicher ist, so sehr ging sie mir beim Lesen manchmal auf die Nerven. Den Neu-Anfang, um den sich das Buch dreht, erarbeitet nicht sie sich, sie verlässt sich komplett darauf, dass andere ihr helfen und sobald es schwierig wird, streicht sie die Segel und ist bereit, davonzulaufen. Ihr „es ist das Beste für die Kinder“ ist ein reines Lippenbekenntnis und sie verkommt von der eigentlichen Hauptperson zu einer Randfigur im eigenen Leben. Ganz anders die Kinder, von denen jedes ein wirklicher Charakter ist, liebevoll dargestellt und ausgearbeitet. Sie sind die wahren Helden der Geschichte für mich.

So richtig ausgearbeitet ist für mich aber die ganze Geschichte nicht, zu viele Handlungsstränge werden angefangen, halbherzig weiterverfolgt (wenn überhaupt) und dann einfach ohne Auflösung beendet. Martha, die zehnjährige Tochter, spricht manchmal mehrere Tage nicht – wird von der Mutter hingenommen, ebenso das Lispeln des sechsjährigen Golo, hingegen hat sie große Probleme damit, dass ihr ältester Sohn Rasmus nur knapp versetzt wird und die Schule abbrechen möchte. Irgendwie scheint Fee so von ihrer Trauer vereinnahmt zu sein, dass ihr völlig entgeht, dass auch die Kinder einen Verlust erlitten haben.

Insgesamt ist der Roman trotz der Tragik eher leicht und seicht. Das Ende war für mich völlig vorhersehbar, der Weg dorthin erwartungsgemäß schwierig und alles in allem war das Buch für mich etwas zu überladen und viel zu plakativ. Die Guten in der Geschichte sind gutaussehend und haben kein Geld aber gute Ideen und einen tollen Charakter, sind fleißig und kreativ. Die Fieslinge sind gutaussehend, haben viel Geld und weder Charakter noch Anstand. So bleibt für mich alles ein wenig zu oberflächlich, was ich sehr schade fand, denn die Geschichte an sich hätte sehr viel Potential gehabt. Da er sicher aber nicht den Anspruch erhebt, große Literatur zu sein, bekommt der Roman von mir für den Unterhaltungswert dennoch vier Sterne.

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