Mittwoch, 14. Juli 2021

Enna Andersen und der trauernde Enkel - Anna Johannsen

Hauptkommissarin Enna Andersen habe ich bereits in „Enna Andersen und die Tote im Mai“ kennenlernen dürfen. Jetzt hat Anna Johannsen nachgelegt. „Enna Andersen und der trauernde Enkel“ heißt der dritte Teil der Serie und auch der hat mich schwer begeistert.

Die Abteilung für Cold Cases erwartet dieses Mal ein drei Jahre alter Fall, der ihnen durch Ben, einen Freund der Kollegin Pia Sims, angetragen wird. Bens Großvater, ein wohlhabender Bauunternehmer, war angeblich eines natürlichen Todes gestorben, aber der junge Mann hat Zweifel an dieser Todesursache. Denn sein Großvater war immer gesund gewesen – und er hatte vermutlich Feinde. Nach einigem Hin und Her beschließt das Team um Enna Andersen zu ermitteln und stößt schnell auf Ungereimtheiten und nach und nach kommen auch den Ermittlern Zweifel am „Herzversagen“, an dem der alte Herr gestorben sein soll. Und mit der Zeit gibt es auch eine Reihe von Menschen, die von seinem Tod profitiert haben könnten, allen voran seine eigenen Kinder.

Und schon sieht sich die Leserschaft mitten in einem rasant geschriebenen Krimi rund um das sympathische Ermittler-Team. Die Geschichte ist gekonnt konzipiert, plausibel konstruiert und hervorragend erzählt – und das alles praktisch ohne einen Tropfen vergossenes Blut oder effektvolle Gewaltszenen. Dass da keine Langeweile aufkommt, ist dem erzählerischen Talent der Autorin geschuldet, der es gelingt, eine durchweg packende Atmosphäre zu schaffen. Sie verflicht die Ermittlungen und das Privatleben der Ermittler geschickt miteinander, legt falsche Fährten in alle möglichen Richtungen und liefert damit einen flüssig und in lockerem Stil geschriebenen Krimi, den man gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.

Ich konnte mich von dem Buch jedenfalls nur schwer losreißen, ich hatte auch lange keine Ahnung, wo die Geschichte hinführen würde. Die Balance zwischen Ermittlungen und Nebenhandlungen finde ich ausgewogen. Die fast schon schüchternen Liebesgeschichten sind leises Beiwerk und ein gelungener Kontrast zu den hässlichen Ereignissen rund um den Fall. Gefreut habe ich mich über das Wiedersehen Ennas Sohn Elias (sie ist nach dem Unfalltod ihres Mannes Simon alleinerziehend) und mit dem Anwalt Aaron Bernard, den ich schon aus dem Vorgänger-Band kannte. Er arbeitet immer noch an dem Wiederaufnahmeverfahren des Mannes, der vor über 20 Jahren wegen des Mordes an Ennas Eltern verurteilt wurde.

Das Ende des Buchs hat mich allerdings ziemlich überrascht, nicht zuletzt, weil es für mich ein bisschen überstürzt kam. Natürlich ist es schlüssig, aber irgendwie fehlte mir da etwas und ich musste die letzten paar Seiten noch einmal zurückblättern und nachlesen, ob ich irgendetwas verpasst habe. Vor allem der Epilog ist fast schon stichwortartig knapp, als hätte die Autorin noch schnell alle möglichen offenen Fragen abhaken wollen.

Aber alles in allem fand ich das Buch wirklich gut. Die Haupt-Charaktere sind wie gewohnt gut beschrieben und aus den vorherigen Teilen stimmig weiterentwickelt. Natürlich kann man das Buch auch problemlos ohne Vorkenntnisse lesen und verstehen, da die Teile in sich abgeschlossen sind. Allerdings empfehle ich natürlich jedem, auch die Vorgängerbände zu lesen, da diese ebenfalls tolle und spannende Krimis sind. Die Atmosphäre in Enna Andersens Team finde ich immer sehr harmonisch und wenn es doch einmal Unstimmigkeiten gibt, dann werden sie sachlich und konstruktiv besprochen. Auch der neue Kollege im Team, den die Autorin in diesem Band einführt, passt gut dazu, obwohl ich ihn manchmal etwas übertrieben zuvorkommend fand.

Auf jeden Fall freue ich mich jetzt schon auf den nächsten Teil und vergebe für diesen fünf Sterne.

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