Dienstag, 9. November 2021

SØG. Dunkel liegt die See - Jens Henrik Jensen

Jens Henrik Jensens Dänemark-Thriller „SØG. Dunkel liegt die See“ ist der Auftakt zur Trilogie rund um die Ermittlerin Nina Portland. Obwohl der Autor durch seine Bestseller-Serie um den Kriegsveteranen Niels Oxen Bekanntheit erlangt hat, war er mir bislang unbekannt. Allerdings ist die Portland-Serie nicht wirklich ganz neu, der vorliegende erste Teil erschien im Original bereits 2005 und wurde jetzt als überarbeitete Fassung neu aufgelegt.

Aber von vorn. 1993 kamen auf dem Frachtschiff „MS Ursula“ alle fünf Besatzungsmitglieder ums Leben, der einzige Überlebende war natürlich Tatverdächtiger Nummer eins. Allerdings wurde er freigesprochen. Nina Portland hat der Fall um das „Axtschiff“ nie ganz losgelassen, jetzt, zehn Jahre später ermittelt sie in dem Cold Case auf eigene Faust erneut und gerät in einen Strudel der Ereignisse, mit dem sie ganz sicher nicht gerechnet hat. Und die Morde auf der „Ursula“ sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Ermittlungen führen die engagierte Polizistin nach Tallin/Estland und London und wieder zurück ins dänische Esbjerg und er wird sehr schnell sehr viel persönlicher, als sie es sich hätte träumen lassen. Für die Leserschaft wird das Buch allerdings aufgrund der hohen Dichte, des flotten Tempos und der Vielzahl an Informationen zwar enorm spannend, aber auch, vor allem gegen Ende, leicht unübersichtlich. Denn Nina ist nicht nur auf der Suche nach der Lösung im Fall der getöteten Seeleute, sondern auch auf der Suche nach dem Vater ihres Sohnes Jonas und sehr schnell auch auf der Flucht vor Kriminellen und ausländischen Geheimdiensten.

Sprachlich ist das Buch sehr gut und flott zu lesen. Konzeptionell fand ich, dass das Buch anfangs etwas schleppend in Fahrt kommt, im Verlauf allerdings sehr viel besser und vor allem spannender wird, aber auch enorm komplex. Die Fiktion basiert auf einer realen Begebenheit. Auf dem Schiff „MS Bärbel“ kamen tatsächlich fünf Männer zu Tode und ein Täter wurde nie verurteilt. Im Buch wirkt die Geschichte zunehmend so hektisch und getrieben, wie die Protagonistin. Bei der Beschreibung konzentriert sich der Autor hauptsächlich auch auf sie, obwohl er jedem der Charaktere gewisse Eigenschaften und Eigenarten „mitgibt“. Nina steht aber eindeutig als engagierte und zielstrebige Ermittlerin im Mittelpunkt, sie ist aber auch jemand mit einem gewissen Tunnelblick: für das Erreichen ihrer Ziele zählt für sie nichts anderes mehr. Durch ihre Verbissenheit vernachlässigt sie ihren Sohn, ihre Familie und auch ihren eigentlichen Job. Dennoch nimmt Ninas Privatleben einen großen Teil des Buchs ein, Begegnungen mit Nachbarn, ihrem Vater und ihrem Freund sind zwar nett zu lesen, machen aber aus der eigentlich konstanten Spannungskurve eher eine Sinuskurve mit sehr vielen Aufs und Abs.

Insgesamt hat mich das Buch zwar hervorragend unterhalten, aber mit Nina Portland als Person konnte ich mich absolut nicht anfreunden. Natürlich ist ihr Ehrgeiz und ihre Ermittlungsarbeit bewundernswert und ihre Ziele ehrenwert, aber insgesamt bleibt bei ihren Alleingängen eine Menge auf der Strecke und nicht nur ihr Job ist ständig in Gefahr, sondern auch ihr Leben. Während sie ihren eher privaten Feldzug führt, „parkt“ sie ihren Sohn Jonas immer wieder für längere Zeit bei ihrer Familie und ihre Kollegen müssen dauernd für sie einspringen. Daher ist das Buch für mich ein toller, komplexer und spannender Thriller mit einer ebenso komplexen und komplizierten, wie auch unsympathischen Ermittlerin. Trotzdem ist es ein Buch, das mir Lust auf mehr machte, ich lese jetzt die beiden anderen Teile der Trilogie auf Dänisch. Von mir von Herzen vier Sterne.

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