Montag, 27. Juni 2022

Die Gottesmaschine - Reinhard Kleindl

 Die Idee hinter „Die Gottesmaschine“ von Reinhard Kleindl hat mich als Agnostiker sehr angesprochen: ein mathematischer Beweis der Existenz Gottes, das Thema interessiert mich enorm. Herausgekommen ist für mich aber ein eher halbgarer Thriller vor der malerisch-gruseligen Kulisse eines abgelegenen Klosters und eine Geschichte, die mich abwechselnd an Umberto Ecos „Der Name der Rose“ und Dan Browns Robert-Langdon-Reihe erinnerte. Knackige Episoden mit packender Spannung wechselte sich für mich mit langatmigen Passagen ab, sodass mich das Buch letzten Endes nicht wirklich begeistern konnte.

Aber von vorn.

Der römische Weihbischof Stefano Lombardi ist auf Einladung seines alten Freundes Alessandro Badalamenti im abgelegenen Kloster L’Archange Michel nahe dem Montblanc. Im Kloster geht es allerdings weniger um ora et labora oder das benediktinische Credo „Ora et labora et lege“ (bete, arbeite und lies), sondern mehr um wissenschaftliche Forschung. Genauer gesagt: die Schaffung eines Quantencomputers, mit dem sich die Geheimnisse der Schöpfung ergründen, und damit auch die Existenz Gottes beweisen lassen. An der Forschung beteiligt ist Bruder Sébastian, der Ziehsohn von Lombardis Freund Badalamenti. Als dieser ermordet im Computerraum aufgefunden wird, beginnt einerseits die Jagd nach dem Mörder, andererseits aber auch die Suche nach der Entdeckung, die der Mönch gemacht hat. Oder haben soll. Auf jeden Fall versucht irgendjemand, die Entdeckung genauso verzweifelt geheim halten zu wollen, wie andere versuchen, den Mörder zu finden. Eine wilde Jagd durch alte Gemäuer beginnt.

Die Geschichte begann für mich spannend und packend, sodass ich leicht ins Geschehen eintauchen konnte. Die wissenschaftlichen Aspekte fand ich spannend, die (mathematik-)historischen Elemente gut verständlich und sehr interessant dargebracht. Trotzdem lässt mich das Buch eher unbefriedigt zurück. Der Autor selbst hat theoretische Elementarteilchenphysik studiert und sein Diplom mit Auszeichnung gemacht – die wissenschaftliche Seite des Buchs hat also Hand und Fuß. Aber weder sprachlich noch formal konnte es mich wirklich begeistern, da hatte ich etwas anderes erwartet. 

Zwar besticht die Geschichte durch eine Menge (sicherlich korrekter) Informationen und eine sehr gute Idee, schwächelt aber bei der Umsetzung sowohl in puncto Handlung als auch bei der Ausarbeitung der Charaktere. Diese bleiben eindimensional und ohne jegliche Tiefe, selbst der Protagonist blieb blass und unnahbar, von den anderen Charakteren möchte ich gar nicht erst reden. Dabei hätte vor allem die Figur Lombardis ein immenses Potenzial geboten, das der Autor meiner Meinung nach verschenkt. 

Sprachlich konnte mich das Buch ebenfalls nicht begeistern. Zwar ist es einerseits flüssig zu lesen, aber es besteht ein für mich zu krasser Kontrast zwischen den wissenschaftlichen Passagen und dem Rest, der auf mich sehr umgangssprachlich wirkt. Da zeigt der Autor zwar großes Wissen, aber wenig Fingerspitzengefühl für Sprache und hat mich nicht wirklich angesprochen. Die vielen zum Teil sehr kurzen Kapitel enden zum Teil mit einem Cliffhanger. Das sorgte zwar einerseits für ein sehr hohes Erzähltempo, was aber oft durch „verkopfte“ Passagen ausgebremst wurde. Dadurch entstand  für mich statt des einheitlichen Spannungsbogens eher eine Sinuskurve und auch die Geschichte an sich wird, statt linear zu verlaufen, eher zum reichlich unrunden Flickenteppich, gewebt aus eine Menge Geheimniskrämerei, einem Mord und einer wilden Mischung aus Religion, Philosophie und Wissenschaft mit einer Prise Misstrauen gegen alle und jeden.

Alles in allem hat das Buch mich zwar gut unterhalten und ich habe eine Menge Neues gelernt, kommt aber über ein „okay“ nicht hinaus. Der Autor hat meiner Meinung nach zu viel gewollt und sich stellenweise verrannt und alles wird zu einem eher mauen Abklatsch von Dan Brown oder David Baldacci. Von mir 2,5 Sterne, aufgerundet auf 3.


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