Dienstag, 29. November 2022

Der Gesuchte - Gabriella Ullberg Westin

 Kommissar Johan Rokka, Protagonist von Gabriella Ullberg Westins „Hudiksvall“-Serie ist mir schon seit dem ersten Band der Reihe ans Herz gewachsen. Im fünften Teil „Der Gesuchte“ mochte ich ihn sogar noch ein bisschen mehr. Ein Ermittler mit Ecken und Kanten und einer spannenden Vergangenheit auf der anderen Seite des Gesetzes. Und eben diese Vergangenheit „von einer schwierigen Kindheit in Hudiksvall zu einem noch wilderen Leben in Stockholm“ holt ihn jetzt wieder einmal ein. Und das Publikum wird in den wilden Strudel aus Ermittlungen und Emotionen hineingezogen. Ein von der ersten Seite an fesselnder Thriller, bei dem mir erst sehr spät klar wurde, wohin die Reise überhaupt gehen wird. 

Aber von vorn.

Johan Rokka ist seiner Kollegin Janna Weissmann von der Polizei in Hudiskvall sehr zugetan, diese möchte aber nur „eine Kollegin sein“. Mehr nicht. Und dann sind da zwei Tote auf einem Rastplatz an der Autobahn E4. Einer der Toten ist ein Kurierfahrer und für Rokka ist sofort klar: „das hier ist kein zufälliger Mord, kein spontaner Raubüberfall, an diesem Tatort spricht gar nichts für eine Handlung im Affekt.“ Von Janna zurückgewiesen, lässt sich Johan kurzfristig nach Stockholm versetzen. Dort soll er bei der Aufklärung eines Juwelendiebstahls helfen, der Wert des Geschmeides liegt bei rund 200 Millionen Kronen. Einer der Verdächtigen ist Viktor Berger, der kurz vor dem Raub aus der Haftanstalt befreit wurde. Und der ist für Johan kein Unbekannter. Nein, Viktor war einmal sein bester Freund und hat ihm in Kindertagen das Leben gerettet. Johan ist hin- und hergerissen zwischen Schuld, alter Freundschaft und seiner Verpflichtung als Polizist. Und er erkennt langsam, dass bei weitem nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick aussieht. Und als er endlich begreift, wer hinter allem steckt, ist es schon fast zu spät.

Obwohl es der fünfte Teil der Serie ist, kann man ihn problemlos einzeln lesen. Zwar werden nicht alle Lücken hundertprozentig gefüllt, aber alles, was man wissen muss, wird erklärt. Allerdings kann ich auch die anderen Bücher unbedingt empfehlen. Sprachlich finde ich das Buch locker geschrieben und leicht zu lesen, schwedische Straßennamen und Ortsbezeichnungen sind natürlich vorhanden, aber stören den Lesefluss kaum und insgesamt ist die Übersetzung gut gelungen. Die Geschichte an sich ist eher unblutig, Gewalt ist überwiegend unterschwellig vorhanden. Die Szenen, die in der JVA spielen, fand ich sehr interessant. Wenn es der Realität entspricht, gehören „schwedischen Gefängnisse zu den humansten der Welt: wenige Gefangene. Viele Wachen. Hervorragende Ausstattung. Viele Angebote im Vollzug. Die Möglichkeit zu arbeiten. Zu studieren. Als Gefangener soll man in Schweden trotzdem Teil der Gesellschaft sein, auch wenn man eingesperrt ist.“ – und trotzdem sind die Wachen teils als übergriffig beschrieben. Außerdem werden selbst harte Bestrafungsaktionen unter den Insassen ignoriert. 

Der Spannungsbogen des Buchs ist konstant hoch, auch wenn Abstecher in Rokkas Privatleben ihn ab und zu ein wenig abflachen lassen. Nach einem starken Prolog und spannenden Ermittlungen kam der Schluss für mich stimmig, aber völlig überraschend (der Epilog ist dafür eher was fürs Herz). Die Charaktere sind gut und bildhaft gezeichnet, vor allem natürlich Johan Rokka als Protagonist ist sehr dreidimensional. Er hat eine bewegte Vergangenheit, die immer wieder seine Gegenwart, sein Tun und Handeln bestimmt. Aber auch die anderen Hauptcharaktere sind greifbar beschrieben und hat beim Lesen nicht nur ein Bild von ihnen vor Augen, man fühlt sich mit ihnen verbunden. 

Für mich war das Buch auf jeden Fall ein absoluter Pageturner und steht den anderen Teilen der Serie in Puncto Spannung in nichts nach. Außerdem ist mir Johan Rokka noch mehr ans Herz gewachsen. Von mir daher fünf Sterne. 


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